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Fotografin Dorothea Lange :
Das Leben ist draußen

Lesezeit: 5 Min.
Konzert der Heilsarmee in San Francisco, 1939
Mit riesiger Kamera reiste die Fotografin Dorothea Lange in den 1930er-Jahren durch die USA. Die Pionierin des Fotojournalismus prägte das Bild, das wir heute von der Großen Depression haben.

Dorothea Langes Biographie ist erstaunlich. Wie wurde aus einem in Armut aufgewachsenen Kind, das keinen Zugang zu einer Kamera hatte, eine international bekannte Fotografin, deren Arbeiten die nationale Politik beeinflussten? Die Antwort muss wohl lauten: Sie hat es einfach gemacht.

Zwei Ereignisse prägten ihre Kindheit. Geboren 1895 in New Jersey, erkrankte sie mit sieben Jahren an Polio, wodurch eines ihrer Beine für den Rest ihres Lebens gelähmt blieb. Einige Jahre später verließ ihr Vater die Familie und ließ seine Frau mit der zwölfjährigen Dorothea und einem jüngeren Bruder zurück. Die Mutter zog zur Großmutter nach New York, nahm eine Stelle als Bibliothekarin an und brachte die Familie allein durch.
Dorothea tat sich schwer damit, in New York Freundschaften zu knüpfen. Sie mochte die Schule nicht und blieb jahrelang eine Außenseiterin. Ihre Schulwege ging sie in der Regel allein – als hinkender Teenager durch Manhattans Lower East Side. Später erzählte sie, dass sie damals lernte, Menschen einzuschätzen und Situationen zu beobachten, ohne selbst aufzufallen.

Mit achtzehn hatte sie entschieden, dass sie Fotografin werden wollte. Sie absolvierte Praktika in Fotostudios, machte sich mit dem grundlegenden Handwerk vertraut und besuchte Kurse an der Columbia-Universität. In der Endphase des Ersten Weltkriegs, als Dorothea Lange 22 Jahre alt war, brach sie mit einer Freundin zu einer Weltreise auf. Sie habe herausfinden wollen, ob es ihr möglich sei, von der Fotografie zu leben, beschrieb sie diesen Schritt später.
Die beiden jungen Frauen schafften es bis nach San Francisco, wo sie ausgeraubt wurden. Dorothea Lange suchte sich daraufhin eine Arbeit in einem Fotostudio und ließ sich in der Stadt nieder. Wenige Monate später, im Jahr 1919, eröffnete sie mit geliehenem Geld ein eigenes Porträtstudio.

Sie hatte keine Ersparnisse und in San Francisco noch kein Netzwerk. Typische weibliche Berufe der Zeit waren Hausmädchen, Wäscherin oder Köchin, weniger als ein Viertel aller Amerikanerinnen erhielten Geld für ihre Arbeit. Es war das Jahr bevor Frauen in den USA das Wahlrecht hatten.
Aus dem unauffälligen Kind war eine Unternehmerin geworden, der es gelang, innerhalb kürzester Zeit einen wohlhabenden Kundenstamm an sich zu binden. Sie freundete sich mit anderen Fotografen an, lernte Künstler und Intellektuelle kennen und begegnete Maynard Dixon, einem 20 Jahre älteren Maler, der sich leidenschaftlich für die amerikanischen Ureinwohner interessierte. Die beiden galten als schillerndes Paar, reisten durch die Reservate der Hopis und Navajos, heirateten 1920 und bekamen zwei Kinder. Dorothea Langes Porträtstudio florierte.

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