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Antisemitismus :
Steckt Russland hinter den Bluthänden?

Lesezeit: 2 Min.
Eine Schmierkampagne und ihre Folgen: Ein Angestellter entfernt die roten Hände an der Holocaust-Gedenkstätte in Paris.
Die Schändung des Pariser Holocaust-Mahnmals sorgte für Entsetzen – nun gibt es neue Erkenntnisse der Polizei, die auf russische Hintermänner der Farbattacke hindeuten.

Gut eine Woche nachdem das Mémorial de la Shoah in Paris mit roten Handabdrücken geschändet wurde (F.A.Z. vom 16.Mai), verfügt die französische Polizei offenbar über Hinweise darauf, dass die Farbattacke von Russland aus gesteuert worden sein könnte. Wie die Satirezeitung „Le Canard enchaîné“ in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, ließen sich über die Videoüberwachung der Gedenkstätte sowie mittels Handyortung drei Männer identifizieren, die aus Bulgarien stammen sollen.

Ein antisemitischer Tabubruch

Die Polizei fand demnach die Kopie eines Reisepasses von einem der Männer in ihrem Unterschlupf, einem Hotel im 20. Arrondissement von Paris. Kurz nach der Tat sollen die drei Männer, von denen zwei die etwa zwanzig Bluthände an der „Mauer der Gerechten“ anbrachten, während der dritte die Tat filmte, an der Gare de Bercy in einem Bus Richtung Brüssel aufgebrochen sein. Auf der Mauer sind die Namen jener 3900 „Gerechten“ eingraviert, die während des Zweiten Weltkriegs halfen, jüdische Mitmenschen vor der Deportation durch die deutschen Besatzer zu bewahren. Die Schändung ausgerechnet dieses Gedenkorts mit einem propalästinensischen Graffiti hatte über Frankreich hinaus für Entsetzen gesorgt.

Das Vorgehen weckt Erinnerungen an einen anderen Destabilisierungsversuch im vergangenen Herbst, als kurz nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober an Häuserwänden in drei Pariser Arrondissements etwa dreihundert Davidsterne angebracht worden waren. Die französische Polizei hatte damals zwei aus Moldau stammende Paare identifiziert und eines von ihnen festgenommen. Es gab an, von einem russischen Geschäftsmann mit der Schmierkampagne beauftragt worden zu sein. Das zweite Paar soll sich rechtzeitig abgesetzt haben – ebenfalls per Bus in Richtung Brüssel, wie der „Canard enchaîné“ nun berichtet. Fotos der Davidsterne waren damals nach Erkenntnissen der französischer Behören über ein russisches Propagandanetzwerk in sozialen Medien verbreitet worden.

Gezielte Vertiefung gesellschaftlicher Gräben

Im „Canard enchaîné“ äußerte ein anonymer Vertreter der Sicherheitsdienste die Vermutung, dass die Taten in Verbindung mit der Ausweisung von vierzig als Diplomaten getarnter Agenten im April 2022 stehen könnten. Weil diese Agenten Russland fehlten, greife es nun verstärkt auf moldawische oder bulgarische „Subunternehmer“ zurück, die nur so lange im Land bleiben, bis sie ihre Aufträge erfüllt haben. Deren Ziele sind erkennbar (und ganz ähnlich wie bei islamistischen Dschihadisten) immer die gleichen – sie konzentrieren sich auf die Bruchlinien der Gesellschaft und versuchen diese zu spalten, indem besonders kontroverse öffentliche Debatten durch Polemiken angeheizt werden. Das schürt Ängste, verunsichert und trifft die offene Gesellschaft an ihrem wunden Punkt.