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Jugendroman von Sarah Jäger :
Astronaut im eigenen Zimmer

Lesezeit: 2 Min.
Manchmal sind es äußere, manchmal innere Hürden, die Kommunikation erschweren.
Inzwischen sind sie vierzehn, und sie chatten: In ihrem Jugendroman „Und die Welt, sie fliegt hoch“ erzählt Sarah Jäger von den seelischen Folgen der Pandemie. Sie findet dafür aber nicht die passende Form.

Bücher für Kinder und Jugendliche sind schneller. Sie greifen aktuelle Themen auf und experimentieren formal, vom Erzählen im Langgedicht bis zu Text-Bild-Kombinationen jeder Art. Im besten Fall bekommt man beides, eine Lernkurve und ein ästhetisches Erlebnis.

Das wäre alles auch in „Und die Welt, sie fliegt hoch“ von Sarah Jäger möglich. Ein Text aus kurzen Botschaften, ein Dialog gedruckt wie ein Gedicht, verwoben mit den Illustrationen von Sarah Maus. Darin nähern sich ein schräger Vogel, linke Buchseite, und ein Astronaut, rechte Buchseite, an. Jeder allein in seiner Sphäre, beide in den Sommerferien in ihren Zimmern. Das ist kurios genug, und es bleibt so, auch wenn wir bald erfahren, dass die lebhafte Vogel-Ava und der stille Astro-Juri, 14 Jahre alt und früher in derselben Grundschulklasse, offenbar von sehr unterschiedlichen Gründen festgehalten werden.

Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind längst ein Thema in der Jugendliteratur, Jäger verbindet es mit der Isolation der Pandemie und ihren Folgen für die seelische Gesundheit, eine große Frage. Sie wählt einen passenden Kunstgriff: Juri und Ava schicken einander Chatnachrichten. So wie viele Kinder und Jugendliche es tun, die lieber Sprachnachrichten aufnehmen oder tippen, statt zu sprechen oder zu telefonieren. Was zumal Juri entgegenkommt.

Sarah Jäger: „Und die Welt, sie fliegt hoch“. Illustriert von Sarah Maus. Rotfuchs Verlag, Hamburg 2024. 272 S., geb., 20,– €.Ab 12 J.
Sarah Jäger: „Und die Welt, sie fliegt hoch“. Illustriert von Sarah Maus. Rotfuchs Verlag, Hamburg 2024. 272 S., geb., 20,– €.Ab 12 J.Rotfuchs Verlag

Ava, die diesen Dialog beginnt, und man versteht am Ende, warum, findet so die einzige Brücke zu Juri. Schon immer war ihm alles zu viel, Schule bereitete ihm Bauchschmerzen. Lockdown und Homeschooling waren für ihn Erleichterung – nun kann er die Nähe der anderen, den Schulbetrieb gar nicht mehr ertragen. Er verlässt kaum sein Zimmer. Und lässt zunächst eher widerwillig zu, dass da jemand reinkommt, zumindest digital. Die beiden öffnen einander ihre Seelen, bringen sich an den Rand des Befreundetseins, erzählen davon, wie aus Kindern Jugendliche werden, wenn sie sich plötzlich an ihr Kindsein erinnern.

Die Chats bilden das Zögerliche der Öffnung ab, in einer Sprache, die mal in gekünstelt originellen Wendungen, oft floskelhaft, zwar so schlicht ist, wie es Chatnachrichten eben sind. Das allerdings reduziert den Reiz der Erzählung auf die dem Thema angemessene Form. Die in Schwarz-Weiß gehaltene Gestaltung bemüht sich darum, der kargen Textebene etwas hinzuzufügen, überwindet aber das bloß Illustrative selten. So huscht der Blick lesend im Links-rechts-Muster zwischen krakeelenden Vögeln und lungernden Astronauten über die Doppelseiten, bis klar ist, dass auch Ava nicht nur ein sonniges Leben hat. Die Chancen eines Erzählens im Chatformat sind noch lange nicht ausgereizt.

Sarah Jäger: „Und die Welt, sie fliegt hoch“. Illustriert von Sarah Maus. Rotfuchs Verlag, Hamburg 2024. 272 S., geb., 20,– €.Ab 12 J.