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Tod mit 78: Deutschland trauert um Weltmeister Hölzenbein

Bernd Hölzenbein wurde mit Deutschland 1974 Weltmeister

Bernd Hölzenbein wurde mit Deutschland 1974 Weltmeister

Foto: imago/WEREK

Deutschland trauert um einen Weltmeister von 1974!

Bernd Hölzenbein ist am Montagabend nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren gestorben. Er war der größte Torjäger von Eintracht Frankfurt (420 Bundesliga-Spiele/160 Tore).

Die Weltmeister von 1974 mit Bernd Hölzenbein (vorne, 3.v.r.)

Die Weltmeister von 1974 mit Bernd Hölzenbein (vorne, 3.v.r.)

Foto: picture-alliance / dpa

Im Finale 1974 gegen Holland holte Hölzenbein den entscheidenden Elfmeter für Deutschland heraus. Paul Breitner verwandelte zum 1:1, Gerd Müller schoss den 2:1-Siegtreffer. Für Fußball-Deutschland war „Holz“ fortan das Schlitzohr, für die Niederlande der Erfinder der Schwalbe.

Bernd Hölzenbein holt im WM-Finale 1974 den entscheidenden Elfmeter heraus

Bernd Hölzenbein holt im WM-Finale 1974 den entscheidenden Elfmeter heraus

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Hölzenbein erzielte in 40 Spielen für Deutschland fünf Treffer. Für den WM-Titel 1974 wurde er mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2014 den hessischen Verdienstorden.

Bernd Hölzenbein im DFB-Trikot im Jahr 1978

Bernd Hölzenbein im DFB-Trikot im Jahr 1978

Foto: picture alliance / Roland Witschel

Deutschland verliert damit den sechsten Weltmeister-Spieler von 1974 nach Franz Beckenbauer († 78), Gerd Müller († 75), Jürgen Grabowski († 77), Horst-Dieter Höttges († 79) und Heinz Flohe († 65). Bundestrainer Helmut Schön verstarb am 23. Februar 1996 im Alter von 80 Jahren.

Der Verlust von Hölzenbein trifft auch Eintracht Frankfurt schwer. Der Klub verliert nach Weltmeister Jürgen Grabowski (†2022) und Kunstschütze Bernd Nickel (†2021) sein nächstes Idol.

Bernd Hölzenbein beim Wiedersehen der Weltmeister von 1974 im Jahr 2021

Bernd Hölzenbein beim Wiedersehen der Weltmeister von 1974 im Jahr 2021

Foto: Michael Kreft

Hölzenbein, Sohn eines Busunternehmers aus Dehrn bei Limburg stürmte 14 Jahre für Eintracht. Wurde später als Vizepräsident und Manager zum Baumeister der Super-Mannschaft des „Fußball 2000“ mit den Stars Bein, Yeboah, Möller oder Okocha. Unter ihm qualifizierte sich der Klub ab 1990 sechsmal in Folge für einen Europacup! Verpasste aber 1992 im letzten Spiel der Saison in Rostock die Deutsche Meisterschaft. Ab 2004 übernahm Hölzenbein den dritten Job bei seinem Herzensverein, wurde Chef-Scout unter Ex-Vorstand Heribert Bruchhagen.

Fußball war sein Leben. Als schneller, trickreicher Stürmer sorgte er in der Bundesliga für Furore und entnervte vor allem Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer, den er besonders gern narrte. Wie 1975, als Eintracht gegen die Bayern 6:0 gewann.

Hölzenbein wurde mit Eintracht Frankfurt Uefa-Cup-Gewinner 1980 und dreimal Pokalsieger (1974, 1975 und 1981).

Bei Eintracht machte ihn ein ungewöhnliches Tor zur Legende: der Sitzkopfball gegen Dinamo Bukarest im Uefa-Cup-Rückspiel am 7. November 1979.

Im strömenden Regen war der Rasen des Waldstadions damals so rutschig wie heute. Als Bundesliga-Rekordspieler Charly Körbel eine Flanke von Willi Neuberger in Richtung Tor weiterleitete, kam Hölzenbein ins Rutschen und saß unfreiwillig sechs Meter vorm Tor auf dem Hosenboden – als dem rumänischen Torwart Konstantin Stefan im Sprung der sicher geglaubte Ball aus den Händen flutschte – genau auf Hölzenbeins Kopf, der im Sitzen einnickte zum 2:0.

In der Verlängerung kam Eintracht mit 3:0 weiter und war bis ins Finale (2:3 und 1:0 gegen Gladbach) nicht mehr aufzuhalten. Typisch „Holz“: Von einem geschenkten Tor sprach er nie: „Im Gegenteil, das Tor war schwer zu machen. Ich hätte mir fast eine Zerrung geholt …“

Vor dem Elfmeterschießen im EM-Finale 1976: Bernd Hölzenbein mit Bundestrainer Helmut Schön. Deutschland verliert das Elferschießen mit 3:5 gegen die Tschechoslowakei (Spielstand nach 90 Minuten war 2:2)

Vor dem Elfmeterschießen im EM-Finale 1976: Bernd Hölzenbein mit Bundestrainer Helmut Schön. Deutschland verliert das Elferschießen mit 3:5 gegen die Tschechoslowakei (Spielstand nach 90 Minuten war 2:2)

Foto: picture-alliance / dpa

Als Hölzenbein den Uefa-Cup mit nach Hause nahm

Für einen Spruch war er immer gut, für eine Anekdote auch. Gegen Uwe Seeler sollte er einmal als kopfballstarker Stürmer verteidigen: „Das war keine gute Idee des Trainers. Als ich bei einer Ecke gerade springen wollte, stand der Uwe schon über mir in der Luft und hat ihn reingeköpft.“ Beim Pokalsieg 1981, seinem letzten Spiel für die Eintracht, stellte Trainer Buchmann ihn als Sonderbewacher für Lauterns Spielmacher Bongartz ab. Ein taktischer Kniff, der am Ende zum 3:1 führte im fußballerisch besten Finale der Frankfurter.

Einmal fehlte Hölzenbein beim Training, weil er daheim in Gravenbruch durch die Glastür gefallen war. Den Uefa-Cup nahm er nach der Feier mit heim ins Bett, und löste bei Ex-Geschäftsführer Gerhardt damit eine große Suchaktion aus. Und als Eintracht 1977 in 21 Spielen in Serie ungeschlagen blieb, verletzte er sich am Knie. Der Mannschaftsarzt riet zur Pause und legte das Bein in Gips. Holz hielt es aber nicht aus, wollte unbedingt weiterspielen und schnitt sich den Gips nach zwei Tagen selber vom Bein. Am Ende schoss Eintracht Frankfurt 86 Tore, darunter 26 von Hölzenbein, und verpasste die Meisterschaft nur um zwei Punkte.

Bernd Hölzenbein ist der Eintracht-Spieler mit den viertmeisten Einsätzen der Vereinsgeschichte (524)

Bernd Hölzenbein ist der Eintracht-Spieler mit den viertmeisten Einsätzen der Vereinsgeschichte (524)

Foto: picture alliance / Sven Simon

Hölzenbein spielte nach 1981 für die Fort Lauderdale Strikers in den USA und er sagte auch nicht Nein, als 1986 Südwest-Oberligist FSV Salmrohr bei ihm anfragte: „Dabei konnte ich gar nicht mehr spielen. Mein Knie war kaputt. Aber die wollten mich trotzdem unbedingt. Bei der Aufstiegsfeier im Auto-Corso war ich dann dabei …“

Bernd Hölzenbein, der zuletzt an starker Demenz litt, war Weltmeister, Schlitzohr und ein sagenhafter Stürmer, aber auch ein Botschafter seines Klubs. Seine Nachfolger wie Kolo Muani, Silva, Haller, Jovic und Rebic konnte er aus gesundheitlichen Gründen fast nur noch am Fernseher verfolgen. Er hat sich über jedes Eintracht-Tor gefreut. Aber keiner von ihnen kam an seine Leistung heran.

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