Thrombozytenreiches Plasma

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Thrombozytenreiches Plasma (auch plättchenreiches Plasma oder PRP) wird durch Plasmapherese mit einem Autotransfusiongerät oder einem speziellen Tischgerät aus autologem (Autolog) Patientenvollblut hergestellt. Das Trennungsprinzip beruht auf Zentrifugalkraft, durch die sich die einzelnen Blutbestandteile aufgrund ihres unterschiedlichen spezifischen Gewichts schichtweise anordnen und dann separat gesammelt werden können (Plasmapherese). Das Vollblut wird dabei in die Bestandteile Erythrozyten, Thrombozytenarmes Plasma (PPP) und Thrombozytenreiches Plasma (PRP) getrennt (Blutplasma). In einem zweiten Arbeitsschritt kann aus dem separierten PRP ein thrombinreiches Gel (autolges Plättchengel = APG) hergestellt werden. Dieses kann bei der Wundheilung, auch gerade bei chronischen Wunden eine wichtige Rolle spielen. Einen weiteren positiven Effekt verspricht die Methode auf postoperative Nachblutung und Schmerzen. Bei Blutungen und Thrombozytenmangel kann zur Behandlung angereichertes Serum (Thrombozytenkonzentrat) von Fremdspendern (allogenen Spendern) verwendet werden.

Geschichte

Bereits in den frühen Sechzigerjahren wurde von Schulte die Möglichkeit beschrieben Wunddefekte mit autologem Eigenblut zu behandeln. Dazu wurde zunächst autologes Blut und einige Jahre später zentrifugiertes Eigenblut zur Füllung von Zysten verwendet [1], [2]. Allerdings fanden diese Arbeiten international wenig Beachtung. Erst ab ca. 1996 wurden autologe Blutprodukte wieder zur Blutstillung bzw. als Gewebekleber verwendet [3]. 1997 kam es zur Veröffentlichung eines Verfahrens zur Herstellung von PRP [4]. 1998 wird die erste klinische Studie zur Anwendung von PRP am Patienten in der Kieferchirurgie veröffentlicht [5]. Anwendung findet PRP heute vor allem in der Zahn- Mund und Kieferchirurgie, der Orthopädie, der plastischen Chirurgie und bei der Behandlung diabetischer Wunden. Angewendet wird PRP jedoch auch in der Herz- Thorax- und Gefäßchirurgie. Bei vielen Veröffentlichungen aus diesen Bereichen ist es allerdings so, daß es sich lediglich um Beschreibungen von Einzelfällen oder Fallserien handelt und nur wenige Arbeiten eine fundierte wissenschaftliche Untersuchung darstellen. Deshalb fällt aus diesem Grund auch die Definition der Bundesärztekammer entsprechend knapp aus[6] .

Herstellung

Die Menge des zu entnehmenden Blutes ist abhängig von dem verwendeten Gerät zur Plasmapherese. Sie liegt bei Verwendung eines Tischgerätes bei etwa 20 bis 100 ml Vollblut. Für ein Autotransfusiongerät werden zwischen 350 bis 500 ml benötigt. Das verwendete Gerät richtet sich nach der Menge des benötigten Plättchenreichen Plasmas. Kleine Tischgeräte finden vor allem bei ambulanten und kleineren operativen Eingriffen Verwendung (z.B. Zahnmedizin, plastische Chirurgie). Autotransfusionsgeräte werden vor allem bei größeren operativen Eingriffen angewendet (z.B. Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie). Mit der Menge des zu entehmenden Blutes steigt auch der Aufwand. Während für ein Tischgerät mit einer Spritze entnommen werden kann, wird für eine größere Menge ein Blutleerbeutel verwendet in dem die Gerinnung des Blutes mit Citrat verhindert wird. Diese sind für die Blutspende üblich. Das Vollblut wird dem Patienten entnommen und zentrifugiert. Das oben schwimmende Plasma wird je nach Methode separiert oder nochmals zentrifugiert. Damit erreicht man eine 3-4 fache Konzentration an Thrombozyten in einem kleinen Plasmavolumen. Dieses Produkt muss innerhalb von acht Stunden angewendet werden. Über Zentrifugalkraft und -dauer gibt es unterschiedliche Angaben. Es ist einer der Vorteile der Methode, daß für den Patienten kein Blut verloren geht. Auch bei der Entnahme größerer Mengen kann nach der Plasmapherese die Erythrozyten und das plättchenarme Plasma retransfundiert (Bluttransfusion) werden, während das thrombozytenreiche Plasma der geplanten Verwendung zugeführt wird.

Wirkungsweise

Thrombozyten enthalten einen hohen Gehalt an verschiedenen Wachstumsfaktoren und Zytokinen, etwa (englisch): „Platelet-Derived Growth Factors“, „Transforming Growth Factors-β1 “, „Transforming Growth Factors-β2“,„Epidermal Growth Factor(EGF)“, „Fibroblast Growth Factor“, „Epithelial Growth Factor“, „Insulin-Like Growth Factor“ und „Platelet-Derived Angiogenesis Factor“. Durch physiologische oder künstliche hervorgerufene Thrombozytenaktivation werden diese Faktoren freigesetzt und wirken chemotaxisch sowie direkt und indirekt gewebsregenerativ. Mesenchymale Stammzellen und Fibroblasten sowie mononukleäre Leukozyten werden zur Proliferation angeregt und lokal angezogen. Einige Studien empfehlen, die Thrombozyten mit verschiedenen Mengen an Kalziumchlorid oder Thrombin zu aktivieren (autologes Plättchengel). Eine Aktivierung der Thrombozyten macht vor allem Sinn wenn die Wundheilung aus unterschiedlichen Gründen gestört ist (Wundheilung). Hier sind vor allem chronische (Chronisch) Wunden oder große Operationswunden bei denen ebenfalls eine gestörte Wundheilungsstörung zu erwarten ist.

Anwendung

Indikationen aus der Human-, Zahn- und Veterinärmedizin sind vielfältig: schlecht heilende Wunden, Sehnenentzündungen, Frakturbehandlung, langsame Knochenregeneration, Gelenkleiden (Arthropatie), Keratitiden usw. Vor allem in der Mund- und Gesichtschirurgie wird PRP häufig eingesetzt. Einsatzgebiet sind aber auch in zunehmenden Maße die Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie wo PRP vor allem zur Prophylaxe von Wundheilungsstörungen eingesetzt wird[7]. Studien über die Wirksamkeit zeigen meist nur bedingte, teils auch widersprüchliche Ergebnisse.[8][9][10]

Rechtliches

Die Übertragung (Transplantation) von thrombozytenreichem Plasma gilt als Herstellung eines Arzneimittels, wenn der behandelnde Arzt oder Zahnarzt es selbst hergestellt hat[11]. PRP unterliegt dem Transfusionsgesetz wenn der behandelnde Arzt das Blut selbst abnimmt und es dem Patienten auch wieder retransfundiert [12].

Quellen

  1. Schulte WV: Die Eigenblutfüllung: eine neue Methode zur Versorgung größerer Knochendefkte nach intraoralen Eingriffen. Deutsche Zahnarztliche Zeitschrift 1960;12:910-914
  2. Schulte WV: Die Retraktion des Blutgerinsels und ihre Bedeutung Für die primäre Heilung von Kieferknochen. München: Carl Hans Verlag 1964
  3. Yamamoto K, Hayashi J, Miyamura H, Eguchi S: A comparative study of the effect of autologous platelet-rich plasma and fresh autologous whole blood on haemostasis after cardiac surgery.Cardiovascular Surgery. Februar 4(1) (1996) 9-14
  4. Whitman DH, Berry RL, Green DM: A technique for improving the handling of particulate cancellous bone and marrow grafts using platelet gel. Journal of Oral and Maxillofacial Surgery 1998; 56: 1217-1218.
  5. Marx RE, Carlson ER, Eichstaedt RM, Schimmele SR, Strauss JE, Georgeff KR. Platelet-rich plasma: Growth factor enhancement for bone grafts. Oral Surgery Endod 1998; 85(6): 638-646.
  6. Bundesärztekammer: Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 2003
  7. Giordano GF, Rivers S, Chung GKT, Mammana RB, Marco JD, Strug BS: Autologous Platelet-Rich-Plasma in Cardiac Surgery: Effect on Intraoperative and Postoperative Transfusion Requirements. Annuals of Thoracic Surgery 46 (1998) 416-419
  8. Hadler et al.: Erste Ergebnisse beim Aufbau von Knochendefekten mit thrombozytenreichem Plasma (GPS) bei 65 Patienten
  9. Yazawa Met al.: Influence of antiplatelet substances on platelet-rich plasma PMID 15170284
  10. Lauer, Markus: Untersuchungen zum Einfluss von thrombozytären Wachstumsfaktoren... ISBN 3-8359-5109-2
  11. R. Burger: Zur Anwendung von Plättchen-reichem Plasma (PRP) durch Zahnärzte
  12. Bundesärztekammer:Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 2003 - [1]