Evangelische Stadtkirche (Bad Reichenhall)

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Evangelische Stadtkirche Bad Reichenhall

Die Evangelische Stadtkirche in Bad Reichenhall wurde 1881 im neogotisch-neoklassizistischen Stil als erste Kirche einer evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde für das Einzugsgebiet der Gerichtsbezirke Reichenhall, Berchtesgaden, Laufen und Traunstein fertiggestellt. Auftraggeber für den Bau dieser Kirche war die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Bad Reichenhall, die sie erst als Kurkirche nutzte. Heute dient das Gotteshaus der Gemeinde als nach wie vor einzige Kirche der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bad Reichenhall. Die Kirchgemeinde gehört zum Dekanat Traunstein und umfasst heute die politischen Gemeinden Bad Reichenhall, Bayerisch Gmain, Schneizlreuth, Piding und Anger.

Geschichte

Gemeinde

Die Edikte des Königs Maximilian I. Joseph von 1808 und 1809 und die damit verbundene Gründung einer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern sicherten dem Protestantismus erstmals bayernweit gleiche Rechte wie der katholischen Kirche zu. Nachdem Bad Reichenhall ab 1846 zu einem Kur- und Badeort wurde, kamen auch viele protestantische Kurgäste in die Stadt, ebenso wie protestantische Beamte und Arbeiter. Ab 1860 hielten deshalb Kurprediger jeweils im Sommerhalbjahr evangelische Gottesdienste in einem umgewandelten Magazinraum der heutigen Alten Saline ab, der noch heute als Betsaal dient.[1]

1875 konstituierte sich mit etwa 30 Mitgliedern[2] die „Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Bad Reichenhall“ mit Kirchenverwaltung samt Kirchenvorstand und wurde 1878 zu einem exponierten Vikariat.[1]

Nach Fertigstellung und Einweihung der Stadtkirche (1881) wurde die Gemeinde 1886 mit dem Erwerb und der Angliederung eines Pfarrhauses zur eigenständigen Pfarrei. Ihr Einzugsgebiet umfasste seinerzeit die Gerichtsbezirke Reichenhall, Berchtesgaden, Laufen und Traunstein.[1] Doch nach und nach bildeten sich in diesem Gebiet neue Gemeinden und lösten sich von der Reichenhaller Gemeinde – Traunstein ab 1893, Berchtesgaden mit Fertigstellung der Christuskirche etwa ab 1899 (lt. Quelle erst 1920 als eigenständige Pfarrei), und ab 1948 verselbständigen sich auch Freilassing und Laufen zu eigenen evangelisch-lutherischen Pfarreien.[1]

1954 wurde die nunmehr auf das Stadtgebiet begrenzte Reichenhaller Pfarrei um eine zweite und 1976 um eine dritte Pfarrstelle sowie 1967 um einen hauptamtlichen Kantor erweitert.[1]

Gebäude

Unter der Leitung des Münchner Architekten Ludwig Hoffstadt wurde 1877 mit dem Bau der Evangelischen Stadtkirche begonnen, die nach vierjähriger Bauzeit 1881 eingeweiht werden konnte.[1] Blickfang des schlichten Saalbaus war bis 1959 ein Altargemälde von Ludwig Thiersch.

1959 wurde die Kirche renoviert und fast die ganze Ausstattung bis auf die charakteristischen Kirchenbänke durch „Modernes“ ersetzt.

1981 beinhaltete eine erneute Innenrenovierung durch Franz Lichtblau anlässlich des 100-jährigen Kirchenjubiläums eine Verlegung des Altars auf eine Insel vor die Apsis.[2] Die Chorwand schmückt seitdem ein Fresko von Hubert Distler zu Themen aus der Offenbarung des Johannes sowie davor ein hängendes Altarkreuz von Friedrich Koller.

1994 ist die Kirche um einen Pavillon-Anbau von Franz Lichtblau erweitert worden, der zwei Gemeinderäume, Küche, sanitäre Anlagen und Lagerräume bietet. Ferner wurde der Pavillon mit dem Bilderzyklus „Schöpfung und Wüste” von Hubert Distler ausgestattet.[2]

1995 schuf Karlheinz Hoffmann für die Außenseite des Eingangsportals ein Tympanon mit der Darstellung der „Sturmstillung“.[2]

1998 wurde zwischen Kirche und Pavillon ein „Seerosenbrunnen“ von Bruno Karbacher installiert.[2]

2006 zum 125-jährigen Jubiläum wurde das Geläut grundlegend saniert und um zwei Glocken auf ein Fünfergeläut erweitert.[2]

Ausstattung

Chorfresko, Kreuz und Altar

Seit der letzten Innenrenovierung 1981 zum hundertjährigen Jubiläum der Stadtkirche wurde die gesamte Chorwand mit einem Fresko von Hubert Distler ausgestattet, das auf der Offenbarung des Johannes basiert. Um eine zentral gesetzte „große braune Scheibe“ sind die zwölf Tore Jerusalems angeordnet. Darüber die „Schar der Erlösten“, zum Teil mit Engelsflügeln. Gekrönt wird das Fresko von dem „Lamm Gottes“ und dem Buch mit sieben Siegeln. Einige blaue Farbflächen für „das Himmlische“ heben sich vom vorherrschend „irdischen Braun“ ab. Gekreuzte Balken im unteren Teil des Freskos verweisen zum Einen auf die Vorstellung „Manches Kreuz müssen wir im Leben tragen“ und erinnern in ihrer Anordnung zugleich an die Krippe und „dass Gott als Menschenkind zu den Menschen kam, um sie zu erlösen.“[2]

Vor der zentral gesetzten „großen braunen Scheibe“ des Freskos und zugleich über dem Altar hängt ein ebenfalls 1981 erschaffenes, „durchlässig, dreidimensionales Kreuz“ des Laufener Künstlers Friedrich Koller.[2]

Datei:Stadtkirche Bad Reichenhall Chorfresko.jpg
Chorfresko, Kreuz, Altar

Orgeln

Die derzeitige Hauptorgel, die Beckerath-Orgel, ist die zweite in der Geschichte dieser Kirche.

Steinmeyer-Orgel

1882, ein Jahr nach der Einweihung des Kirchenbaus, erhielt die Gemeinde ein kleines einmanualiges Orgelwerk aus dem Hause Steinmeyer. Sie wurde als opus 213 erbaut. Dieses Instrument genügte den Anforderungen der Gemeinde etwa 80 Jahre lang. Nun steht es in der Evangelischen Kirche in Elixhausen nördlich von Salzburg.

Beckerath-Orgel

Die jetzige Hauptorgel der Kirche stammt ursprünglich von der Hamburger Orgelbaufirma Rudolf von Beckerath aus dem Jahr 1963. Sie wurde komplett mechanisch gebaut mit Hauptwerk, Rückpositiv und Pedalwerk. 2011 erweiterte Hans-Ulrich Erbslöh (Hamburg) die Orgel um ein schwellbares III. Manualwerk (elektrisch angesteuert). Das Instrument hat 36 Register (2583 Pfeifen) auf drei Manualen und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind mit Ausnahme des 3. Manuals mechanisch.

Truhenorgel

2005 wurde eine bewegliche Truhenorgel mit 3½ Registern der Firma Christoph Kaps aus München angeschafft, die hauptsächlich bei Kantaten- und Oratorienaufführung des Motettenchores der Stadtkirche Verwendung findet, aber auch gelegentlich bei den wöchentlichen Orgelkonzerten zwischen Mai und Oktober (Orgel um Fünf) eingesetzt wird. Das Instrument besitzt geteilte Schleifen (zwischen b° und h°) sowie eine Transponiereinrichtung einen Halbton höher bzw. tiefer.

Glocken

Das Geläut der Evangelischen Stadtkirche besteht aus fünf Glocken. Die drei großen wurden 1958 von Karl Czudnochowsky in Erding gegossen, die beiden kleineren entstanden 2006 bei der Glockengießerei Perner (Passau) zum 125-jährigen Jubiläum der Stadtkirche. Die Glocken klingen in den Tönen f1 - as1 - b1 - c2 - es2.

Nr. Liturgisches Amt Gussjahr Gießer, Gussort Gewicht
(kg)
Durchmesser
(cm)
Nominal Inschrift
1 Sonntagsglocke 1958 Karl Czudnochowsky, Erding 680 107 f1 +4 „Dein ist das Reich“
2 Vaterunserglocke 1958 Karl Czudnochowsky, Erding 390 90 as1 +7 „Dein ist die Kraft“
3 Friedensglocke 1958 Karl Czudnochowsky, Erding 290 80 b1 +7 „Dein ist die Herrlichkeit in Ewigkeit“
4 Taufglocke 2006 Rudolf Perner, Passau 230 76 c2 +6 „Geheiligt werde dein Name“
5 Ewigkeitsglocke 2006 Rudolf Perner, Passau 140 64 es2 +8 „Dein Wille geschehe“

Uhrschlag auf den Glocken 2 (1/4) und 1 (1/1). Eine ausführliche Läuteordnung befindet sich auf der Homepage der Kirchengemeinde (siehe unter Weblinks).

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Kurze Gemeindegeschichte, online unter bad-reichenhall-evangelisch.de
  2. a b c d e f g h Kirchenführer Evangelische Stadtkirche Bad Reichenhall, Evang.-Luth. Pfarramt Bad Reichenhall, 2. Auflage 2011, 4-seitiges Faltblatt als PDF-Datei mit 304 KB

Koordinaten: 47° 43′ 37″ N, 12° 52′ 45″ O