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Als Hamburg das "Tor zur Welt" wurde

Ein neues Buch untersucht, wie Politik, Wirtschaft und Werbung das Bild der Hansestadt zu lenken versuchten

"Stadt Hamburg in der Elbe Auen, wie bist du stattlich anzuschauen!" schrieb der Dichter Georg Nikolaus Bärmann in die Hymne für die Hansestadt. Das ist Hamburg-Werbung vom Feinsten, entstanden 1828. Wie sich die Metropole im 20. Jahrhundert präsentierte, haben die Historiker Lars Amenda von der Forschungsstelle für Zeitgeschichte und Sonja Grünen, Mitarbeiterin einer Hamburger Werbeagentur, untersucht.

Unter dem Titel "Tor zur Welt - Hamburg-Bilder und Hamburg-Werbung im 20. Jahrhundert" ist die Arbeit jetzt als Buch in der Serie "Hamburger Zeitspuren" im Dölling und Galitz Verlag erschienen. Die Autoren untersuchen, wie sich Vorstellungen über die Stadt entwickelten, wie Politik, Wirtschaft und Werbung das Image zu lenken versuchten. Dabei zeichnet Lars Amenda die Geschichte des Schlagworts vom "Tor zur Welt" nach, während Sonja Grünen die Fremdenverkehrswerbung der 50er- bis 70er-Jahre unter die Lupe nimmt.

Am Anfang war es vor allem der Begriff der Handels- und Hafenstadt, der das Image Hamburgs prägte. Das Schlagwort vom "Tor zur Welt" sei vor dem Ersten Weltkrieg nicht gebräuchlich gewesen, schreibt Amenda. Es wurde vor allem auch mit St. Pauli in Verbindung gebracht und als Tor zur Unterwelt spezifiziert.

Als Quelle des geflügelten Wortes ließ sich ein literarisch eher anspruchloser Roman der Hamburgerin Lotte Huebner identifizieren, eine Geschichte über Kaufmannskreise. "Mit unserer Arbeit, mit unserem Blute schmiedeten wir das neue Tor zur Welt. Der Krieg schlug es zu. Der Friede wird kommen und soll es uns öffnen für alle Ewigkeit", schrieb die Dame unter dem Pseu-donym Lo Lott.

1936 reklamierte dann ein Hamburger Gymnasiallehrer in einem Schreiben an das Staatsarchiv, das Schlagwort erfunden zu haben. Doch zuvor gab es schon den 1926 erschienenen Roman "Tor zur Welt" von Frank Thiess, und auch der Lehrer und Literat Hermann Claudius, ein Urenkel des "Wandsbeker Bothen" Matthias Claudius, propagierte das Schlagwort, das in Stadtführer und Hamburg-Werbung Eingang fand und bis heute lebendig ist. Eine der bekanntesten bildlichen Darstellungen war ein Plakat des bekannten Grafikers Bruno Karberg, der Hamburgs Wappen-Tor 1938 auf eine Weltkugel setzte.

Eine Hauptrolle in den Hamburg-Bildern und in der Werbung spielen Hafen und Schifffahrt. In der Fremdenverkehrswerbung waren es vor allem idyllische Aspekte. Da präsentierte sich das schöne Hamburg mit der Wasserkante und Ozeanriesen, mit Ankern und Tauen, bei den Andenken oft mit Seebären und Nixen dekoriert. Dazu gab es noch die pikante Inszenierung von St. Pauli und der "Reeperbahn nachts um halb eins", einem Lied, das zur heimlichen Hymne der Stadt wurde. Die Seemanns-romantik à la Hans Albers hielt sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg und wurde von Künstlern wie Freddy Quinn und Lale Andersen weiter musikalisch bedient.

Im Städtetourismus gab es laut Sonja Grünen bereits seit den 50er-Jahren erste Image-Untersuchungen. Hamburg hatte dabei gute Karten, denn die Stadt bot eine aufstrebende Wirtschaft und ein blühendes kulturelles und gesellschaftliches Leben. Eine große Rolle im Tourismus spielten aber vor allem die Durchreisenden. Der damalige Bürgermeister Kurt Sieveking sagte: "Hamburg ist kein Fremdenverkehrsplatz im klassischen Sinne, sondern in erster Linie Stadt des Handels und der Schifffahrt und der Industrie."

Hamburgs Magneten beschrieb im Sommer 1956 die "Welt": "Jungfernstieg und Mönckebergstraße, der Hafen und Hagenbeck und - nicht zu vergessen - die Reeperbahn". Hafen und Reeperbahn dominierten bis in die 70er-Jahre das Bild. Seither wurde das Werbe-Image konsequent modernisiert. Großstadtatmosphäre, Kultur und Unterhaltung sind an die Stelle von Rotlicht und Seemannsromantik getreten. Hamburg profilierte sich als Musical-Metropole. Und an die Stelle romantischer touristischer Attraktionen wie Kirchen und Fachwerkhäuser traten moderne Bauwerke und Projekte.

Jenseits des Berichtszeitraums, mit dem sich Amenda und Grüner befassten, stehen unterdessen schon wieder neue werbliche Entwicklungen zur Untersuchung an: Das Schlagwort von der "Wachsenden Stadt" machte seit der Jahrtausendwende Karriere, und die Hafencity hat sich zur Sehenswürdigkeit für Touristen aus aller Welt entwickelt.

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