„Springreiten“ – Versionsunterschied

[[Datei:Hamina bastioni horse festival.jpg|miniaturmini|Wassergraben]]

'''Springreiten''' ist eine Disziplin des [[Pferdesport]]s, bei dem [[Hauspferd|Pferd]] und Reiter einen aus mehreren Hindernissen bestehenden [[Parcours]] in einer festgelegten Reihenfolge überwinden. Jedoch geht es darum den Parcours möglichst stilistisch, schnell und dabei fehlerfrei zu überwinden. Abhängig vom Schwierigkeitsgrad des Springparcours variiert die Anzahl, Art und Höhe der Hindernisse innerhalb des Parcours. Bei den [[Hindernis (Pferdesport)#Hindernisse beim Springreiten|Hindernissen]] kann es sich um [[Steilsprung|Steilsprünge]], [[Hochweitsprung|Hochweitsprünge]], oder Geländehindernisse (Gräben, Wassergräben, Wälle, Billards) handeln. Hindernisse können einzeln, als Distanzen oder als offene/geschlossene Kombinationen mehrerer Einzelhindernisse auftreten. Damit der Reiter mit seinem Pferd einzelne Hindernisse oder sogar einen ganzen Parcours überwinden kann, braucht es großes gegenseitiges Vertrauen sowie eine solide Grundausbildung von Pferd und Reiter

In der Springausbildung werden unter anderem [[Stangenarbeit]], [[Cavaletti (Reitsport)|Cavalettiarbeit]], Trabsprünge, [[Doppellonge]], [[Freispringen]] und [[Gymnastikreihe]]n zur Schulung von Rhythmus und Koordination eingesetzt. Über dem Sprung soll das Pferd den Rücken aufwölben. Das Aufwölben des Rückens wird als [[Bascule]] bezeichnet.

Das Gymnastikspringen ist auch für fertig ausgebildete Springpferde wertvoll, da die Technik verbessert wird, ohne die Pferde allzu sehr zu belasten. Es gibt erfolgreiche Turnierreiter und Ausbilder, wie beispielsweise [[Ingrid Klimke]]<ref>Ingrid und Reiner Klimke, Cavaletti Dressur und Springen, Stuttgart, 2005 </ref> oder [[Franke Sloothaak]],<ref>{{Webarchiv|url=http://www.fnverlag.de/756_1 |wayback=20131110123825 |text=''Alles ist erlaubt – bloß nicht Schema F'', Jessica Kaup, }}</ref> die sich in Training und Ausbildung weitgehend auf Dressur und Springgymnastik beschränken und die hohen Sprünge vorwiegend auf [[Turniere im Pferdesport|Turnieren]] zeigen.

Junge Pferde springen nach ersten Überzeugungen meist vertrauensvoll und willig über kleinere Hindernisse. Durch eine falsche Reittechnik können sie jedoch sehr schnell springunfreudig gemacht werden, man sagt dann, diese Pferde seien „sauer“. Diese Pferde neigen zum vermeintlich grundlosen [[Ungehorsam (Pferd)#Verweigerung|Verweigern]]. Es ist sehr schwierig das Vertrauen eines sauren Pferdes wieder zu gewinnenwiederzugewinnen.

[[Datei:Haflinger obstacle cropped.jpg|mini|Die Bodenstange vor dem Kreuz dient als AbsprungshilfeAbsprunghilfe. Die Bodenstange unter dem Kreuz erleichtert das Taxieren.]]

[[Datei:STA72508.JPG|rechts|mini|220px|Nach dem Kreuz liegt eine Stange am Boden und zwingt das Pferd konzentriert und ruhig weiter zu galoppieren.]]

Der erste Schritt ist das Anreiten zum Hindernis. Dann folgt der Absprung mit den [[Exterieur (Pferd)#Hinterbeine|Hinterbeinen]]. Nach der Flugphase folgt die Landung auf den Vorderbeinen und das Weiterreiten nach dem Sprung. Die Flugphase kann [[Biomechanik|biomechanisch]] als erweiterter Galoppsprung betrachtet werden.<ref name="BowlingAT">{{cite bookLiteratur |titleAutor=TheM. GeneticsSaastamoinen, ofE. the HorseBarrey |urlHrsg=https://archiveA.org/details/geneticshorsecab00bowl editor=A.T. Bowling, A. Ruvinsky |publisherTitel=The Genetics of the Horse |Verlag=CABI |yearDatum=2000 |isbnISBN=978-0-85199-429-16 |pages=[https://archive.org/details/geneticshorsecab00bowl/page/n251 461]–2 |chapterKapitel=Conformation, Locomotion and Physiological Traits |authorSeiten=M.461–462 Saastamoinen, E|Online=https://archive. Barreyorg/details/geneticshorsecab00bowl}}</ref>

Das Anreiten erfolgt in einem gleichmäßigen Rhythmus im frischen [[Tempo (Reiten)|Grundtempo]] auf dem richtigen Anreitweg. Während der Grundausbildung ist der Anreitweg gerade und mittig zum Hindernis. Ein Kreuz ist in der Mitte niedriger. Das Pferd neigt von selber dazu an der niedrigsten Stelle, also wie gewünscht in der Mitte, zu springen.

Der Absprung muss im richtigen Abstand zum Hindernis erfolgen, damit der höchste Punkt der Flugkurve über dendem Hindernis ist. Ein Kreuz ist in der Mitte niedriger. Das Pferd neigt von selber dazu an der niedrigsten Stelle, also wie gewünscht in der Mitte, zu springen.

Junge Pferde wechseln häufig den Galopp über dem Sprung.<ref name="santamaria2002">{{citeLiteratur journal|Autor=S. Santamaría w. Back, Van Weeren, Knaap, Barneveld |titleTitel=Jumping characteristics of naïve foals: lead changes and description of temporal and linear parameters |first=S. Santamaría |last= w. Back, Van Weeren, Knaap, Barneveld |journalSammelwerk=Equine Veterinary Journal supplement |yearNummer=200234 |volumeDatum=Sept2002-09 |issueSeiten=34 |pages=302–7302–307}}</ref> Ausgebildete Pferde landen in dem Galopp, den dieder Reiter*in anstrebt.

Pferde landen zuerst mit dendem äußeren Vorderbein. Die Landung ist eine große Belastung für die Vorderbeine, was zu Überlastung führen kann.

File:Complet-cysoing-cross-038.jpg|Anreiten

File:IMG 8002.jpg|Bascule, Vorderbeine anziehen

File:Praha, Trója, kůň ve skoku.jpg|Hinterbeine anziehen

File:Barre tombe.jpg|Landung

File:Lion d angers2007 sortie de gue.jpg|Weiterreiten

Es werden folgende Arten von Prüfungen im Springreiten unterschieden:<ref>{{Webarchiv | url=http://www.pferd-aktuell.de/Doc-..24568/d.htm | wayback=20091003033823 | text=Frage-Antwort-Katalog der Deutschen Reiterlichen Vereinigung: Stilspringen}} </ref>

;Stilspringen: Beim Stilspringen wird der Reiter mit einer Wertnote von 0 bis 10 beurteilt. Für Hindernisfehler (Abwürfe) gibt es 0,5 Punkte Abzug, VerweigerungenUnterbrechungen oder(z.B. sonstigerStehenbleiben, [[Ungehorsam (PferdAusweichen)|Ungehorsam]] führen beim ersten Mal zu 0,5 Punkten, Abzug und beim zweiten Mal zu 1,0 Punkten Abzug, sollte die zweite Verweigerung am gleichen Hindernis stattfinden sogar 2,0 Punkte. Eine dritte Verweigerung führt zum Ausschluss. Ein Sturz des Reiters und ein Sturz des Pferdes führt aus Gründen der Sicherheit ebenfalls zum sofortigen Ausschluss. Beim Stilspringen wird auf den Sitz des Reiters geachtet. Auf langen Strecken soll der Reiter im [[Sitz des Reiters#Leichter Sitz|leichten Sitz]] und das Pferd im [[Außengalopp|Innengalopp]] sein.

Gemäß dem internationalen Reglement des [[Fédération EquestreÉquestre Internationale|Weltpferdesportverbands FEI]] dürfen Hindernisse bei normalen Springprüfungen nicht höher als 1,70&nbsp;m sein. Seit Ende des 2010er Jahre wird bei den schwersten Großen Preisen der Welt ([[CHIO Aachen]], [[CSIO Spruce Meadows 'Masters' Tournament|Spruce Meadows Masters]]) von diesen Maximalmaßen Gebrauch gemacht.<ref>[https://inside.fei.org/sites/default/files/Jump_Rules_26thEd_2019_clean_correx_Art-261.4.4.pdf Jumping Rules, 26th edition, effective 1 January 2018, Updates effective 1 January 2019]: Article 208 Obstacles - General</ref>

Die Abmessungen der Hindernisse betragen bei nationalen [[Turniere im Pferdesport|Turnieren]] in Deutschland bis zu 1,60&nbsp;m in der Höhe und 2&nbsp;m in der Tiefe. Wassergräben müssen mindestens 2,50 m und maximal 4,5000&nbsp;m weit sein. In Spezialspringprüfungen nach Richtverfahren D können diese Abmessungen überschritten werden ([[Springprüfung#Mächtigkeitsspringen|Mächtigkeitspringen]], [[Springprüfung#Barrierenspringprüfung (Six Bar)|Barrierenspringen]]). Bei Turnieren sind je nach Klasse verschiedene Mindest- und Höchstmaße vorgeschrieben (nach [[Leistungsprüfungsordnung|LPO]] 20182024)<ref name=":0">{{Literatur |Titel=LPO Leistungs-Prüfungs-Ordnung 2024, Regelwerk für den nationalen Turniersport |Verlag=FNverlag |Ort=Warendorf |Datum=September 2023 |ISBN=978-3-88542-960-9 |Seiten=139f, § 504.1}}</ref>. Der Turnierveranstalter muss neben der Klasse auch die Höhe der [[Springprüfung]] in der Ausschreibung angeben (z.B. Springprüfung Kl. E / 80 cm, Springprüfung Kl. M* / 125 cm).

!min. Anzahl Hindernisse (drinnen)

!min. Anzahl Hindernisse (draußen)

|E (EinsteigerEingangsstufe)

|80 / 85

|80 / 85

|7

|A* (AnfängerAnfangsstufe)

|90 / 95

|90 / 95

|7

|A** (Anfangsstufe)

|100 / 105

|100 / 105

|67

|78

|L (Leicht)

|110 / 115

|110 / 115

|32,0050 m

|7 / 8

|8 / 9

|M* (Mittelschwer)

|120 / 125

|120 / 125

|3,5000 m

|9

|M** (Mittelschwer

|130 / 135

|130 / 135

|43,00 / 3,50 m

|10

|S* (Schwer)

|43,1050 m

|10

|S** (Schwer)

|43,3050 m

|910

|1011

|S*** (Schwer)

|4,5000 m

|11

|S**** (Schwer)

|155 / 160

|4,5000 m

|11

Bei einer [[Triplebarre]] ist eineine Abweichung von +50cm± 50&nbsp;cm in der Weite zulässig. Ansonsten sind Abweichungen von bis zu ±5 cm in der Höhe und −10 &nbsp;cm / +20 &nbsp;cm in der Weite sind möglich. Ab Klasse S* ist die Weite beliebig.

Je [[Parcours]] müssen allerdings 2575 % der Sprünge (davon je ein [[Steilsprung]] und ein [[Oxer]]) die oben aufgeführten AbmessungenHöhen erfüllen (Abweichungstoleranz +/- 3 cm).<ref name=":0" />

[[Datei:The complete horseman (1913) (20485030269).jpg|miniaturmini|üblicherÜblicher Springsitz, bevor sich der leichte Sitz durchgesetzt hat]]

[[Datei:Caprilli itala e staccionata.JPG|miniaturmini|Caprilli, 1868–1907]]

Waren bloße Hoch- und Weitsprungprüfungen die ersten Wettbewerbe gewesen, setzten sich Jagdspringen (Vorläufer der heutigen Springprüfungen) als Prüfungsform schnell durch. Die ersten Sprünge im Springreiten waren einfache [[Hindernis (Pferdesport)#Hindernisse beim Springreiten|Hindernisse]] im Stile von [[Steilsprung|Steilsprüngen]] und Wassergräben. Bei den Turnieren im belgischen [[Spa (StadtBelgien)|Spa]] 1899 und 1900 kamen erstmals Hindernisse wie eine Triplebarre und ein „Open ditch“ (Mauer mit einem Graben davor) in Europa zum Einsatz.<ref>{{Literatur | Autor=Max E. Ammann | Titel=Geschichte des Pferdesports: Springen, Military, Dressur, Fahren | Verlag=Sonderausgabe, Prisma-Verlag | Ort=Gütersloh | Datum=1983 | ISBN=3-570-09074-4 | Seiten=26–29}}</ref>

=== Olympiasieger ===

| 1900 || [[Italien]] || [[Gian Giorgio Trissino (Reiter)|Giangiorgio Trissino]] || Oreste || Hochspringen

| [[Olympische Sommerspiele 1936/Reiten|1936]] || [[Deutschland]] || [[Kurt Hasse (SpringreiterReiter)|Kurt Hasse]] || Tora || Jagdspringen

| [[Olympische Sommerspiele 1988/Reiten|1988]] || Frankreich || [[Pierre Durand (SpringreiterReiter, 1955)|Pierre Durand]] || Jappeloup de Luze || Jagdspringen

[[Datei:Muybridge horse jumping animated.gif|miniatur|200px|[[Eadweard Muybridge]], Reiter im 19.&nbsp;Jahrhundert. Das Pferd springt mit wenig Bascule.]]

[[Datei:2013 Longines Global Champions - Lausanne - 14-09-2013 - Jos Verlooy et Farfelu de la Pomme.jpg|miniatur|200px|Gute [[Bascule]] am Sprung, das Pferd springt auf einer bogenförmigen Linie und wölbt den Rücken auf.]]

* Jüngere Untersuchungen einer Arbeitsgruppe von Holger Preuschoft, emeritierter Professor für Anatomie von der [[Ruhr-Universität Bochum]], kommen zu der Schlussfolgerung: ''„Es erweist sich, dass der Durchmesser der Wirbelsäule … an jeder Stelle genau den höchsten Kräften proportional ist, die wir für springende Pferde errechnet haben. (…) Aus diesem Befund kann man übrigens die Folgerung ableiten, dass Pferde durchaus für das Springen geschaffen sind.“''<ref>Holger Preuschoft [Mitarb.]: ''Studien zu den Bewegungen von Sportpferden.'' FN-Verlag, Warendorf, 1987, ISBN 3-88542-194-1

Seit 1997 gibt es die Sportart Offroad-Kjöring, bei der, ähnlich wie beim [[Pferderennen#Skijöring, Skikjöring und Offroad-Kjöring|Skijöring]], ein Inline SkaterInlineskater mit speziellen [[Crossskate|Offroad-Rollerblades]] von einem Springpferd gezogen wird. Es wird ein [[Parcours]] überwunden, der aus verschiedenen Hindernistypen besteht. Es gibt Steil- und Hochweitsprünge für Reiter und Skater, mit jeweils seitlich angebrachten Rampen für den Skater, Sprünge, die entweder nur der Skater, oder nur der Reiter springt, sowie Slalom -Hindernisse speziell für den Skater.<ref>[{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=hNQqpvw7Jys |titel=Offroad Kjoering Schweizer MeisterschaftenBühler 2009] (Ochsner di 1.) |sprache=de-DE |abruf=2021-12-27}}</ref> Es werden Schweizer Meisterschaften ausgetragen.<ref>[{{Internetquelle |url=http://www.swiss-offroad-kjoering.ch/de/unser_verein.html |titel=Swiss Offroad- Kjöring] {{!}} Unser Verein |datum=2016-03-06 |abruf=2021-12-27 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160306162517/http://www.swiss-offroad-kjoering.ch/de/unser_verein.html |archiv-datum=2016-03-06 |offline= }}</ref>

{{Normdaten|TYP=s|GND=4056557-9|LCCN=sh85071000}}

[[Kategorie:Pferdesport nach SportartPferdesportart]]