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|STAATS- UND REGIERUNGSFORM = [[Parlamentarisches Regierungssystem|parlamentarische]] [[Republik]]
|STAATSOBERHAUPT = [[Präsident der Republik Bulgarien|Präsident]]<br />[[Rumen Radew]]
|REGIERUNGSCHEF = [[Liste der Ministerpräsidenten Bulgariens|Ministerpräsident]]<br />[[NikolajDimitar DenkowGlawtschew]]
|PARLAMENT = [[Nationalversammlung (Bulgarien)|Nationalversammlung]]
|FLÄCHE = 110.994
|EINWOHNER = {{formatnum:{{Metadaten Einwohnerzahl BG|GESAMT}}}}<br /><small>({{FormatDate|{{Metadaten Einwohnerzahl BG||STAND}}}})</small><ref>{{Metadaten Einwohnerzahl BG||QUELLE}}</ref>
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|WÄHRUNG = [[Lew (Währung)|Lew]] (BGN)
|UNABHÄNGIGKEIT = 3. März 1878 (Erklärung)<br /> 22. September 1908 (vom [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reich]] anerkannt)
|NATIONALHYMNE = ''[[Nationalhymne Bulgariens|Mila rodino]]'' ({{bgS|Мила родино|de=Liebe Heimat}})<br />[[Datei:Mila Rodino instrumental.ogg|120px]]
|NATIONALFEIERTAG = 3. März
|ZEITZONE = [[UTC+2]] [[Osteuropäische Zeit|OEZ]]<br />[[UTC+3]] [[Sommerzeit#Osteuropäische Sommerzeit|OESZ]] (März bis Oktober)
|KFZ-KENNZEICHEN = [[Kfz-Kennzeichen (Bulgarien)|BG]]
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|BILD-LAGE-IMAGEMAP = Europa1
|BILD1 =
|NATIONALFEIERTAG = 3. März
}}
{{Positionskarte+ |Bulgarien |width=325 |float=right |maptype=relief |caption= |places=
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Auf dem Gebiet des heutigen Bulgariens befinden sich die [[Batscho-Kiro-Höhle|bislang frühesten Belege]] für die Anwesenheit des [[Mensch]]en (''Homo sapiens'') in [[Europa]] und mit der [[Jungsteinzeit|neolithischen]] [[Karanowo-Kulturen|Karanowo-Kultur]], die bis ins Jahr 6500 v.&nbsp;Chr. zurückreicht, eine der frühesten Siedlungen des Kontinents. Im 6. bis 3.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. geriet die Region ins Spannungsfeld der [[Thraker]], [[Perserreich|Perser]], [[Kelten]] und [[Schwarzes Meer#Antike Handelsbeziehungen|Griechen]]. Stabilität kam, als es dem [[Römisches Reich|Römischen Reich]] im Jahr 45 n.&nbsp;Chr. gelang, die Region zu erobern. Mit dem Niedergang und der Aufteilung des Reiches begannen in der Region erneut Invasionen unterschiedlicher Gruppen. Im 4.&nbsp;Jahrhundert wanderten die [[Goten]] ein und erschufen hier die [[Wulfilabibel|einzige Schriftquelle]] ihrer Sprache. Um das 6.&nbsp;Jahrhundert wurden die Gebiete von den frühen [[Slawen]] besiedelt. Die [[Protobulgaren|Ur-Bulgaren]], angeführt von den Brüdern [[Asparuch]] und [[Kuwer]], verließen das Gebiet des (alten) [[Großbulgarisches Reich|(Groß-)Bulgariens]] und siedelten sich im späten 7.&nbsp;Jahrhundert dauerhaft auf der Balkanhalbinsel an. Sie gründeten zwei Reiche mit dem Namen ''Bulgarien'', eines zwischen [[Donau]] und [[Balkangebirge]] und eines im Gebiet um das heutige [[Bitola]] im Westen der Halbinsel. Das Donaureich, das 681 vom [[Byzantinisches Reich|Oströmischen Reich]] vertraglich anerkannt wurde, vereinigte sich im Laufe der Zeit mit dem Reich von Kuwer. Dieses ''Erste Bulgarische Reich'' beherrschte den größten Teil der südlichen Balkanhalbinsel und beeinflusste die slawischen Kulturen maßgeblich durch die Entwicklung der [[Altkyrillisches Alphabet|kyrillischen Schrift]] am Hofe der bulgarischen [[Zar#Bulgarien|Zaren]] und die Gründung des [[Bulgarisch-Orthodoxe Kirche|Bulgarischen Patriarchats]]. Die altbulgarische Literatur und das bulgarische Schrifttum bildeten das drittgrößte kulturelle und religiöse Gebiet im mittelalterlichen Europa. Das Reich existierte bis Anfang des 11.&nbsp;Jahrhunderts, als der byzantinische Kaiser [[Basileios II.|Basilius II.]] es eroberte und unterwarf. Ein erfolgreicher bulgarischer Aufstand im Jahr 1185 begründete ein ''Zweites Bulgarisches Reich'', das unter [[Iwan Assen II.|Iwan Asen II.]] (1218–1241) seinen Höhepunkt erreichte. Nach zahlreichen erschöpfenden Kriegen und Feudalkämpfen löste sich das Reich 1396 auf und die Region geriet fast fünf Jahrhunderte lang unter [[Osmanisches Reich|osmanische Herrschaft]].
 
Das heutige Bulgarien entstand 1878 im Zuge des [[Russisch-Osmanischer Krieg (1877–1878)|Russisch-Osmanischen Krieges (1877–1878)]] und des Zerfalls des Osmanischen Reiches zunächst als [[Fürstentum Bulgarien|autonomes Fürstentum]] und nach der Ausrufung der Unabhängigkeit (1908) als [[Königreich Bulgarien|Zarentum Bulgarien]]. Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde Bulgarien 1944 von den [[Sowjetunion|Sowjets]] besetzt, die [[Liste der Herrscher von Bulgarien|Monarchie]] abgeschafft und eine [[Volksrepublik Bulgarien|realsozialistische Volksrepublik]] ausgerufen, die mit dem [[Eiserner Vorhang#Öffnung des Eisernen Vorhangs|Zerfall des Realsozialismus]] 1991 aufgelöst wurde.
 
Heute ist Bulgarien eine [[parlamentarische Republik]], die aus 28 Provinzen mit einem hohen Grad an politischer, administrativer und wirtschaftlicher Zentralisierung besteht. Mit einer [[Wirtschaft Bulgariens|Wirtschaft im oberen mittleren Einkommensbereich]], zählt das [[Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen]] Bulgarien zu den Ländern mit hoher menschlicher Entwicklung.<ref name="HDI" /> Seine [[Marktwirtschaft]] ist Teil des [[Europäischer Binnenmarkt|europäischen Binnenmarktes]] und basiert weitgehend auf Dienstleistungen, gefolgt von Industrie&nbsp;– insbesondere Maschinenbau und Bergbau&nbsp;– und Landwirtschaft. Bulgarien ist der weltweit größte [[Lavendelöl]]produzent und hat eine [[Rosental (Bulgarien)|lange Tradition]] im [[Rosen]]anbau und der [[Rosenöl]]herstellung. Das Land ist mit einer [[Demografische Krise|demografischen Krise]] konfrontiert, da seine Bevölkerung seit etwa 1990 jährlich schrumpft. Verglichen mit einem Höchststand von fast neun Millionen Einwohnern im Jahr 1988 zählt es heute nur etwa 6,5 Millionen. Bulgarien ist seit 29. März 2004 Mitglied der [[NATO]] und seit 1. Januar 2007 Mitglied der [[Europäische Union|Europäischen Union]] (EU) und des [[Europarat]]es, Gründungsmitglied der [[Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa|OSZE]] und hat dreimal einen Sitz im [[Sicherheitsrat der Vereinten Nationen]] eingenommen.
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=== Geologie ===
Die Republik Bulgarien liegt im Osten der [[Balkanhalbinsel]]. Bulgarien grenzt im Norden an [[Rumänien]], im Westen an [[Serbien]] und [[Nordmazedonien]], im Süden an [[Griechenland]] und die [[Türkei]].
Die Grenzen [[Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei|zur Türkei]] (270&nbsp;km), Nordmazedonien (148&nbsp;km) und [[Grenze zwischen Bulgarien und Serbien|zu Serbien]] (318&nbsp;km) sind zugleich [[EU-Außengrenze]]n.
Rumänien, Griechenland und Bulgarien sind EU-Mitglieder.
Die [[Grenze zwischen Bulgarien und Rumänien|Grenze zu Rumänien]] ist 631&nbsp;km lang; zum größten Teil ist die Donau die Grenze. Die Grenze zu Griechenland ist 259&nbsp;km lang.<ref>[http://geografia.kabinata.com/01.htm ''ГЕОГРАФСКО ПОЛОЖЕНИЕ И ГРАНИЦИ НА БЪЛГАРИЯ''], geografia.kabinata.com (bulgarisch)</ref>
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'''Stara Planina (Balkangebirge)''': Auf der Nordseite schneereiche Winter, auf der Südseite zur gleichen Jahreszeit selten Schneefälle. Besonders im Westen sowie im [[Rila]]- und [[Piringebirge]] herrscht das sogenannte [[Gebirgsklima|alpine Klima]].
[[Datei:Сателитна снимка България 2.jpg|mini|hochkant=1.5|Bulgarien im Mai: Schneebedeckte Gebirge im Norden und Westen. Wolkenbildung über dem Schwarzen Meer.]]
'''Zentralbulgarien''' und '''Südwesten''': Südlich des Balkangebirges liegt die [[Oberthrakische Tiefebene]], in welche das Kontinentalklima nicht vordringen kann. Südlich des Gebirges sorgen also [[Maritimes Klima|maritime]] Einflüsse für einen gemäßigten Winter, ein regenreiches Frühjahr und einen warmen Sommer. An der Grenze zu Griechenland und zur Türkei&nbsp;– unter dem Einfluss der [[Ägäis]]&nbsp;– verstärkt sich der [[Mittelmeerklima|mediterrane]] Charakter des Klimas.
 
'''Bulgarische Rhodopen''': Die drei Gebirge Rila, Pirin und [[Rhodopen]] nehmen die westliche Hälfte Südbulgariens ein. Im Gegensatz zu den deutlich höheren Schwestergebirgen weisen die Rhodopen nur im Westen Gebirgsklima auf, im Osten zeigt sich bereits der Übergang zum Küstenklima.
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[[Datei:Bevölkerungspyramide Bulgarien 2016.png|mini|Bevölkerungspyramide 2016: Bulgarien ist eine stark alternde Gesellschaft]]
 
Bulgarien hatte 2021 6,5 Millionen Einwohner, 2,4 Millionen bzw. ein Viertel weniger als die 8,9 Millionen von 1985.<ref name=":5">{{Internetquelle |url=https://www.nsi.bg/sites/default/files/files/pressreleases/Census2021_predvaritelna_ocenka.pdf |titel=Census 2021 {{!}} National statistical institute |format=PDF |sprache=bg |abruf=2022-01-18}}</ref> Das jährliche Bevölkerungswachstum betrug −0,6 %. Der [[Median]] des Alters der Bevölkerung lag im Jahr 2020 bei 44,6 Jahren.<ref>{{Internetquelle |url=https://population.un.org/wpp/Download/Standard/Population/ |titel=World Population Prospects 2019 - Population Dynamics -Download Files |hrsg= [[Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen]] |datum=2020 |sprache=en |abruf=2022-05-26}}</ref> Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2020 statistisch bei 1,6.<ref>{{Internetquelle |url=https://data.worldbank.org/indicator/SP.DYN.TFRT.IN?locations=BG |titel=Fertility rate, total (births per woman) |werk=World Bank Open Data |hrsg=Weltbank |datum=2022 |sprache=en |abruf=2022-05-26}}</ref> Die [[Lebenserwartung]] der Einwohner Bulgariens ab der Geburt lag 2020 bei 73,6 Jahren<ref>{{Internetquelle |url=https://data.worldbank.org/indicator/SP.DYN.LE00.IN?locations=BG |titel=Life expectancy at birth, total (years) |werk=World Bank Open Data |hrsg=Weltbank |datum=2022 |sprache=en |abruf=2022-05-26}}</ref> (Frauen: 77,5<ref>{{Internetquelle |url=https://data.worldbank.org/indicator/SP.DYN.LE00.FE.IN?locations=BG |titel=Life expectancy at birth, female (years) |werk=World Bank Open Data |hrsg=Weltbank |datum=2022 |sprache=en |abruf=2022-05-26}}</ref>, Männer: 69,9<ref>{{Internetquelle |url=https://data.worldbank.org/indicator/SP.DYN.LE00.MA.IN?locations=BG |titel=Life expectancy at birth, male (years) |werk=World Bank Open Data |hrsg=Weltbank |datum=2022 |sprache=en |abruf=2022-05-26}}</ref>). Die Lebenserwartung sank von den 1970er Jahren bis ungefähr 2000 und begann dann wieder zu steigen.<ref name="esa.un.org">{{Internetquelle |url=https://esa.un.org/unpd/wpp/DataQuery/ |titel=World Population Prospects&nbsp;– Population Division&nbsp;– United Nations |abruf=2017-07-12}}</ref>
 
Die Bevölkerungsdichte lag bei 64&nbsp;Einwohnern/km². Der Großteil der Bevölkerung lebt in den Städten südlich des [[Balkangebirge]]s.
 
Viele Bulgaren verließen nach 1990 sowie nach dem [[Erweiterung der Europäischen Union#Sechste Erweiterung (Osterweiterung, Teil II) 2007|EU-Beitritt]] das Land und ließen sich in verschiedenen westeuropäischensüd- und mitteleuropäischen Ländern nieder, vor allem in [[Spanien]], [[Italien]] und [[Deutschland]]. In dieser Periode konnten nur die zwei Provinzen [[Oblast Sofia-Stadt|Sofia-Stadt]] (+&nbsp;120.749 Personen) und [[Oblast Warna|Warna]] (+&nbsp;13.061 Personen) sowie lediglich die vier Städte [[Sofia]], [[Warna]], [[Burgas]] und [[Weliko Tarnowo]] einen Bevölkerungszuwachs verzeichnen.<ref name="Census 2011" /> In vier Provinzen (Sofia-Stadt, Burgas, Warna und [[Oblast Plowdiw|Plowdiw]]) liegt die Bevölkerungszahl über 400.000. 39,2 % der Bevölkerung leben in neun Gemeinden, die eine Einwohnerzahl von jeweils mehr als 100.000 Einwohnern aufweisen. In 60&nbsp;Gemeinden liegt die Einwohnerzahl unter 6000. Der Volkszählung zufolge lebt die Bevölkerung Bulgariens in 255&nbsp;Städten und 5047&nbsp;Dörfern. 5.339.001 Personen bzw. 72,5&nbsp;Prozent der Einwohner leben in Städten und 2.025.569 bzw. 28,9 % auf dem Land. 33,6 % der Bevölkerung leben in den sieben größten Städten. Bulgarien verliert aufgrund von Auswanderung, niedriger Geburtenrate und einer relativ niedrigen Lebenserwartung jedes Jahr Einwohner. Bis 2050 könnte die Einwohnerzahl auf 5,4&nbsp;Millionen absinken.<ref>[https://www.populationpyramid.net/bulgaria/2050/ ''Population of Bulgaria 2050''], populationpyramid.net; abgerufen am 19. August 2021.</ref>
 
{| class="toptextcells"
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[[Datei:Bulgaria languages.svg|mini|hochkant=1.5|Gemeinden nach Sprache:<br />{{Farbindex|FCF404|mehrheitlich Bulgarisch}}<br />{{Farbindex|C2C2C2|mehrheitlich Türkisch}}
]]
Nach der [[Volkszählung]] 2011 sind 84,8 % der Bevölkerung [[Bulgaren]]; 8,8 % sind [[Türken]] (siehe: [[Balkantürken]]), 4,9 % [[Roma]]. Der Anteil der Roma dürfte höher liegen als nach der offiziellen Angabe; er wird vom [[Europarat]] auf rund 800.000, also fast 12 % geschätzt.<ref>{{Internetquelle |autor=ERRC.org&nbsp;– European Roma Rights Centre |url=http://www.errc.org/article/council-of-europe-commissioner-for-human-rights-presents-report-on-bulgaria/2667 |titel=Council of Europe Commissioner for Human Rights Presents Report on Bulgaria |werk=www.errc.org |abruf=2016-11-13}}</ref> Außerdem leben [[Russen]] (9978), [[Armenier]] (6552), [[Walachen]] (3684, im Norden [[Rumänen]], im Süden [[Aromunen]]) und die muslimischen, bulgarischBulgarisch sprechenden [[Pomaken]] in Bulgarien.<ref name="Census 2011" /> Etwa ein Viertel bis ein Drittel der heutigen bulgarischen Bevölkerung sind Nachkommen von bulgarischen Flüchtlingen aus [[Makedonien]] (→&nbsp;[[Makedonische Bulgaren]]) und [[Thrakien (Landschaft)|Thrakien]] (→&nbsp;[[Thrakische Bulgaren]]).<ref name="HWST">{{Literatur |Autor=Ulrich Büchsenschütz |Hrsg=Egbert Jahn |Titel=Nationalismus und Demokratie in Bulgarien seit 1989 |Sammelwerk=Nationalismus im spät- und postkommunistischen Europa |Band=Band 2: „Nationalismus in den Nationalstaaten“ |Verlag=Nomos |Datum=2009 |ISBN=978-3-8329-3921-2 |Seiten=573}}</ref> Im Jahre 2017 waren 2,2 % der Bevölkerung Migranten. Häufigste Herkunftsländer waren Russland, Griechenland und die Türkei.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.un.org/en/development/desa/population/migration/publications/migrationreport/docs/MigrationReport2017_Highlights.pdf |titel=Migration Report 2017 |hrsg=UN |format=PDF |sprache=en |abruf=2018-09-30}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.pewglobal.org/2018/02/28/global-migrant-stocks/?country=DK&date=2017 |titel=Origins and Destinations of the World’s Migrants, 1990–2017 |hrsg=Pew Research Center’s Global Attitudes Project |datum=2018-02-28 |abruf=2018-09-30}}</ref>
 
Trotz dieser Distanz nehmen diese Gruppen in reger Weise am gesellschaftlichen und politischen Leben des Landes teil. Beispielsweise war die [[Dwischenie sa Prawa i Swobodi|''Bewegung für Bürgerrechte und Freiheiten (DPS)'']], die überwiegend von türkischstämmigen und muslimischen Bürgern unterstützt wird, zwischen 2001 und 2009 in zwei Koalitionsregierungen vertreten. Die türkische Minderheit ist laut der Volkszählung von 2001<ref>{{Internetquelle |url=http://www.nsi.bg/Census_e/Census_e.htm |titel=Übersicht des Berichtes des Nationalen Statistischen Instituts (NSI) zum Zensus 2001 |sprache=en |abruf=2010-03-06}}</ref> besonders zahlreich in den [[Bezirke in Bulgarien|Bezirken]] [[Kardschali]], [[Oblast Rasgrad|Rasgrad]], [[Oblast Targowischte|Targowischte]], [[Silistra]] und [[Oblast Schumen|Schumen]] vertreten. Die Pomaken sind vor allem im Bezirk [[Oblast Smoljan|Smoljan]] anzutreffen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.nsi.bg/Census_e/Ethnos.htm |titel=Tabellarische Übersicht der Einwohner Bulgariens nach Gebieten und ethnischen Gruppen im Bericht des Nationalen Statistischen Instituts, NSI zum Zensus 2001 |sprache=en |abruf=2010-03-06}}</ref>
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{{Hauptartikel|Fürstentum Bulgarien|Zarentum Bulgarien}}
Nach dem [[Berliner Kongress|Berliner Vertrag]], der ein Machtkompromiss der Großmächte war, wurden zwei bulgarische Staaten gegründet, die nominell dem Osmanischen Sultan unterstanden. Nördlich des Balkangebirges und südlich der Donau wurde das dem Osmanischen Reich tributpflichtige ''Fürstentum Bulgarien'' gegründet, das auch die [[Sofiaebene|Region]] um die neue Hauptstadt Sofia miteinschloss. Südlich des Balkangebirges wurde mit Plowdiw als Regierungssitz die osmanische Provinz [[Ostrumelien]] gegründet, die über eine eigene Verfassung und Miliz verfügte und durch einen vom osmanischen Sultan eingesetzten, jedoch von den Großmächten gebilligten christlich-bulgarischen Gouverneur regiert wurde. [[Makedonien]], das noch im Vertrag von San Stefano Teil des bulgarischen Staates war, blieb ganz unter osmanischer Hoheit.
[[Datei:Bulgaria, after balkan wars 1913 de.svg|mini|Gewinne und Verluste des Zaren&shy;tumtums Bulgarien in den Balkankriegen:<br />{{Farbindex|eb9b16|Gebietsgewinne vom Osmanischen Reich}}<br />{{Farbindex|d37ba7|Gebietsabtretung an Rumänien (Süd-Dobrudscha)}}
]]
Am 16. April 1879 wurde die erste demokratische [[Verfassung von Tarnowo|Verfassung]] in Weliko Tarnowo verabschiedet. Fürst [[Alexander I. (Bulgarien)|Alexander&nbsp;I.]] (1879–1886) versuchte innere Reformen durchzusetzen, vereinigte die zwei bulgarischen Staaten und [[Serbisch-Bulgarischer Krieg|besiegte Serbien]], wurde aber durch einen von [[Russisches Kaiserreich|Russland]] veranlassten [[Putsch von 1886|Putsch]] gestürzt. 1887 wurde [[Ferdinand I. (Bulgarien)|Ferdinand von Coburg-Gotha]] Fürst, der 1908 die völlige Loslösung vom Osmanischen Reich erklärte und den [[Zar]]entitel annahm, womit aus dem Fürstentum das ''Zarentum Bulgarien'' wurde. Die Erfolge der bulgarischen Truppen im [[Balkankriege|Ersten Balkankrieg]], mit der Eroberung von [[Edirne|Adrianopel]], wiederholten sich im Zweiten Balkankrieg nicht. Während die bulgarische Streitmacht an der [[Griechenland|griechischen]] und serbischen Front gebunden war, drangen die [[Rumänien|Rumänen]] bis nach Sofia vor. Die Türken eroberten Adrianopel wieder zurück.
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Der wohl prägendste Politiker in Bulgariens sozialistischer Phase war [[Todor Schiwkow]], der am 20. November 1962 nach dem achten Parteikongress das Amt des Ministerpräsidenten übernahm. Bis dahin war er der Vorsitzende des Zentralkomitees (ZK) der KP und somit bereits mächtigster Mann im Staat. Bereits auf dem siebten Parteikongress im Juni 1958 der BKP forderte Schiwkow „vermehrte Anstrengungen zur Schaffung des Neuen Menschen und zur Anpassung der Lebensweise an die bereits in einem sozialistische Sinne umgestaltete Gesellschaft“.<ref>Brunnbauer: S. 295.</ref> Aufgabe der Partei war es somit, Methoden zu entwickeln, wie die Bürger außerhalb der Arbeit nach dem sozialistischen Muster geformt werden konnten. Schiwkow wies auch auf die Notwendigkeit einer „sozialistischen Kulturrevolution“ hin.
 
Zweimal (1963 und 1973) wurde während der Regierungszeit Schiwkows in geheimen Treffen des ZK vergeblich die Auflösung der Volksrepublik Bulgarien als souveräner Staat und die Eingliederung als 16.&nbsp;[[Unionsrepublik|SSR]] in die Sowjetunion beraten.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.dariknews.bg/view_article.php?article_id=428466 |titel={{lang|bg|Желю Желев пред "А Бе Се": Комунизмът бе по-лош от фашизма}} |titelerg=(Schelju Schelew: Der Kommunismus war schlimmer als der Faschismus) |werk=Darik News |datum=2009-11-05 |sprache=bg |abruf=2010-03-06}}.</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Ivo Georgiev |url=https://zzf-potsdam.de/sites/default/files/publikation/Bulletin/georgiev_28.pdf |titel=Zum Wandel der gesellschaftspolitischen Leitbilder in Bulgarien während der Sechziger und Siebziger Jahre |hrsg=Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam e.&nbsp;V. |seiten=99 |format=PDF; 55&nbsp;kB |abruf=2017-09-01}}</ref>
 
=== Der politische Umbruch ===
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In der Wirtschaft kam es nach Simeons Reformen zu einem weiter anhaltenden Aufschwung, von dem allerdings eher in- und ausländische Investoren und städtische Oberschichten als Durchschnittsbürger profitierten. In vielen ländlichen Gebieten herrschten hohe [[Arbeitslosigkeit]] (im Landesdurchschnitt etwa 12 % für das 1.&nbsp;Quartal 2012<ref name="Arbeit2012">[http://www.dnevnik.bg/bulgaria/2012/05/04/1820296_bezraboticata_prez_purvoto_trimesechie_e_129/ Die Arbeitslosigkeit für das 1. Quartal 2012 beträgt 12,9 %] ({{bgS|Безработицата през първото тримесечие е 12,9 %}}). Dnevnik, abgerufen am 4. Mai 2012.</ref>) und [[Korruption]]. Die traditionelle [[Landwirtschaft]] erwirtschaftete<!--wann??--> mit 26 % der Beschäftigten 13 % des [[Bruttoinlandsprodukt]]s (BIP).
 
Zum 1. Januar 2007 wurden Bulgarien und Rumänien in die [[Europäische Union]] aufgenommen. Bulgarien zählt noch nicht zum [[Schengen-Raum]]. Ein Beitrittstermin im Jahre 2011 konnte wegen unerfüllter Kriterien (Korruptionsbekämpfung etc.) nicht realisiert werden. Angesichts der [[Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016|Flüchtlingskrise in Europa seit 2015]] erscheintverzögerte sich ein Beitritt weiter. Ende März 2024 soll Bulgarien gemeinsam mit Rumänien bedingt auf den Flug- und Schiffsverkehr in den Schengen-Raum aufgenommen werden (Stand EndeFebruar 20212024).<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tagesschau.de/ausland/europa/rumaenien-bulgarien-eingeschraenkter-schengen-beitritt-100.html |titel=Rumänien und Bulgarien begrüßen eingeschränkten Schengen-Beitritt |werk=tagesschau.de |hrsg=Norddeutscher Rundfunk |datum=2023-12-31 |sprache=de |abruf=2024-02-07 |zitat=Demnach sollen die Personenkontrollen an den internen Luft- und Seegrenzen ab Ende März 2024 aufgehoben werden. Über die Aufhebung der Kontrollen an den Landgrenzen soll aber erst später entschieden unwahrscheinlichwerden.}}</ref>
[[Datei:Bulgarian protests - 17 July 2020.jpg|mini|Proteste in Bulgarien 2020]]
Der von 2005 bis 2009 von den Sozialisten unter [[Sergei Stanischew]] angeführten Drei-Parteien-Koalition (BSP, NDSW, DPS) wurde nach dem Stopp der [[Förderprogramme der EU|EU-Finanzhilfen]] ein Scheitern der EU-Politik sowie Korruption, eine unzureichende Bekämpfung der Mafia und das Fehlen einer angemessenen Jugendpolitik vorgeworfen.<ref>{{Webarchiv |url=https://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/379534 |text=sueddeutsche.de |wayback=20090131032344}}, 29. Januar 2009.</ref> Anfang 2009 schenkten ihr nur noch 15 % der Bulgaren Vertrauen, 76 % äußerten Misstrauen.<ref>[http://www.mediapool.bg/show/?storyid=148338&srcpos=13 ''Предстоят "особени" избори''], mediapool.bg, 27. Januar 2009.</ref>
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Die regierenden Parteien verloren die [[Wahlen in Bulgarien#Europawahl 2009|Europawahl 2009]] und [[Wahlen in Bulgarien#Parlamentswahlen 2009|die Parlamentswahlen 2009]]; die vormals mitregierende NDSW war nach der Wahl nicht mehr parlamentarisch vertreten. Beide Wahlen wurden von der [[GERB]]-Partei des ehemaligen Bürgermeisters von Sofia, [[Bojko Borissow]], gewonnen. Die [[Regierung Borissow I|Regierung Borissow]] war eine Minderheitsregierung der GERB-Partei, die zunächst von konservativen Kräften der [[Blaue Koalition|Blauen Koalition]] unterstützt wurde. Anfangs unterstützten die Parteien ''Ordnung, Sicherheit und Gerechtigkeit'' sowie die nationalistische [[Ataka (Partei)|Ataka]] ebenfalls die Regierung, entzogen ihr aber 2010 diese Unterstützung.
 
Bei den [[Präsidentschafts- und KommunalwahlenPräsidentschaftswahl in Bulgarien 2011|Präsidentschaftswahlen]] im Oktober 2011 konnte der Kandidat der Regierungspartei [[Rossen Plewneliew]] die Stichwahl am 30. Oktober 2011 gegen den ehemaligen Außenminister [[Iwajlo Kalfin]] mit 52,6 % der Stimmen für sich entscheiden. Plewneliew trat sein Amt am 22. Januar 2012 an und löste damit [[Georgi Parwanow]] ab.
 
In der [[Präsidentschaftswahl 2016 (Bulgarien)|Präsidentschaftswahl 2016]] gewann der unabhängige [[Rumen Radew]].
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Über viele Jahre war die konservative [[GERB]] die dominante Partei. Ihr Parteichef Bojko Borissow war lange Zeit Ministerpräsident. Bei der Wahl im November 2021 erhielt die GERB jedoch ihr schlechtestes Ergebnis seit ihrer Gründung 2006. Auch die [[Bulgarische Sozialistische Partei]] erhielt ihr schlechtestes Ergebnis seit der Demokratisierung des Landes 1990. Die Wahlen gewann dagegen die neu gegründete pro-westliche Antikorruptionspartei [[Wir setzen den Wandel fort]] (PP) von [[Kiril Petkow (Politiker)|Kiril Petkow]] mit 25,7 %. Sie bildete eine Vier-Parteien-Koalition mit der Partei [[Es gibt ein solches Volk]] (ITN), den Sozialisten und dem Wahlbündnis [[Demokratisches Bulgarien]] (DB). Die Wahlbeteiligung lag bei nur 37 %.
 
Das Parteiensystem ist geprägt von zwei wesentlichen [[Cleavage-Theorie|sozialpolitische Konfliktlinien]]: Zum einen den Konflikt zwischen konservativen und liberalen Parteien, zum anderen zwischen pro-russischen und pro-westlichen Parteien. Ein dritter Konflikt änderte sich von ''Stadt gegen Land,'' nach dem Balkankriegen 1912/13 und dem Ersten Weltkrieg, zu einem Konflikt ''Kapital gegen Arbeit,'' der ebenfalls bis heute besteht. Dafür entstand ein Konflikt ''Kirche gegen Staat'' in Bulgarien nicht, obwohl die Bulgarisch-Orthodoxe Kirche eine starke Position bei der Gründung des heutigen BulgariensBulgarien einnahm und über eine hohe Legitimität verfügte.
 
=== Präsident ===
Seit dem 22. Januar 2017 ist [[Rumen Radew]] Präsident Bulgariens. Er war als unabhängiger Kandidat für die [[Bulgarische Sozialistische Partei]] zur [[Präsidentschaftswahl in Bulgarien 2016|Präsidentschaftswahl im November 2016]] angetreten und gewann die Stichwahl gegen [[Zezka Zatschewa]] mit 59,4 % der Stimmen.<ref>{{Internetquelle |url=http://results.cik.bg/pvrnr2016/tur2/president/index.html |titel={{lang|bg|Резултати за президент и вицепрезидент на републиката}} |hrsg=Wahlkommission Bulgariens |sprache=bg |abruf=2016-11-19}}</ref> AmEr wurde [[Präsidentschaftswahl in Bulgarien 2021|am 21. November 2021 wurde er]] im zweiten Wahlgang mit 66,7 % der Stimmen wiedergewählt. Sein konservativer Gegenkandidat [[Anastas Gerdschikow]] (GERB) kam auf 31,8 %. Die Wahlbeteiligung lag bei unter 35 %. Radew gilt als russlandfreundlich und reformorientiert.<ref name=":4">{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/rumen-radew-bulgarien-praesident-wahl-ergebnis-prognosen |titel=Reformpräsident Radew bleibt im Amt |datum=2021-11-21 |abruf=2022-03-06}}</ref>.
 
=== Politische Indizes ===
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|[[Korruptionswahrnehmungsindex]] (CPI)||style="text-align:right"|43 <small>von 100</small>|| style="text-align:right" |72 <small>von 180</small>||0 = sehr korrupt / 100 = sehr sauber||2022<ref>{{Internetquelle |url=https://www.transparency.de/cpi/cpi-2022/cpi-2022-tabellarische-rangliste |titel=CPI 2022: Tabellarische Rangliste |hrsg=[[Transparency International]] Deutschland e.&nbsp;V. |datum=2023 |abruf=2023-05-23}}</ref>
|}
{{Veraltet|seit=2021}}
ImIn EU-VergleichVergleichen iststeht Bulgarien in den meisten Indizesmeist auf den hinteren Rängen platziert. Gründe dafür sind zum Beispiel ein hohes Maß an Korruption<ref>{{Internetquelle |autor=Thomas Roser |url=https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-12/bulgarien-eu-praesidentschaft-ratsvorsitz-probleme-korruption |titel=Korrupt, aber für die EU pflegeleicht |datum=2017-12-28 |abruf=2022-03-06}}</ref><ref name=":4" /> und eine eingeschränkte [[Pressefreiheit]]. Kritische Journalisten berichten von Schmutzkampagnen, Ermittlungsverfahren, tätlichen Übergriffen und der Gefahr, wegen derihrer Berichterstattung umgebrachtermordet zu werden. [[Investigativer Journalismus|Investigative Journalisten]] lebten 2019 gefährlicher als Soldaten in Afghanistan.<ref>{{Internetquelle |autor=Robert Fishman |url=https://www.deutschlandfunk.de/pressefreiheit-in-bulgarien-ich-lebe-hier-gefaehrlicher-als-100.html |titel=Pressefreiheit in Bulgarien - "Ich lebe hier gefährlicher als ein Soldat in Afghanistan" |werk=DLF |datum=2019-05-01 |sprache=de |abruf=2022-03-06}}</ref> Die meisten Medien sind in der Hand führender Politiker oder von [[Oligarch]]en, die enge Beziehungen zur Politik pflegen und die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen suchen&nbsp;– allen voran [[Deljan Peewski]], der neben zahlreichen TV- und Radiosendern 40 % aller Zeitungen besitzt. Desinformation, Zensur und Selbstzensur sind daher weit verbreitet. Die Süddeutsche Zeitung beschreibt die Lage der Medienfreiheit daher 2020 als „katastrophal schlecht“.<ref>{{Internetquelle |autor=Cathrin Kahlweit |url=https://www.sueddeutsche.de/medien/bulgarien-pressefreiheit-radio-1.5102662 |titel=Pressefreiheit in Bulgarien: Runter auf Platz 111 |datum=2020-11-02 |sprache=de |abruf=2022-03-06}}</ref>
Die meisten Medien sind in der Hand führender Politiker oder von [[Oligarch]]en, die enge Beziehungen zur Politik pflegen und die [[öffentliche Meinung]] in ihrem Sinne zu beeinflussen suchen&nbsp;– allen voran [[Deljan Peewski]] (* 1980), der neben zahlreichen TV- und Radiosendern 40 % aller Zeitungen besitzt. Desinformation, Zensur und [[Selbstzensur]] sind daher weit verbreitet. Die [[Süddeutsche Zeitung]] nannte 2020 die Lage der Medienfreiheit „katastrophal schlecht“.<ref>{{Internetquelle |autor=Cathrin Kahlweit |url=https://www.sueddeutsche.de/medien/bulgarien-pressefreiheit-radio-1.5102662 |titel=Pressefreiheit in Bulgarien: Runter auf Platz 111 |datum=2020-11-02 |sprache=de |abruf=2022-03-06}}</ref>
 
=== Außenpolitik ===
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[[Datei:2010Nabuccopipelinemap.jpg|mini|Nabucco-Pipeline]]
Aufgrund seiner strategischen Lage sowie des einheimischen Bedarfs hatplante Bulgarien in den letzten Jahren zahlreichemehrere Strategieprojekte auf den Weg gebracht, die für die nationale, regionale und europäische Versorgungssicherheit vonwichtig Bedeutungsein sindsollten. Die Projekte umfassenumfassten die Erdgasleitungen [[Nabucco-Pipeline|Nabucco]] und [[South Stream]] und die [[Burgas-Alexandroupolis-Ölpipeline]]. Das Nabucco-Projekt hat für Bulgarien und die Europäische Union vorrangige Bedeutung, da damit alle Diversifizierungsprobleme auf einen Schlag gelöst würden, sowohl in Bezug auf Bezugsquellen als auch in Bezug auf die Lieferwege. Diese neue Trasse würde Gas aus dem [[Aralo-Kaspische Niederung|kaspischen Raum]] und dem Nahen Osten sichern.
 
Das Erdgasleitungen [[Nabucco-Pipeline|Nabucco]] und South Stream wurden jedoch nicht realisiert. Stattdessen wurde 2019/2020 die [[Transadriatische Pipeline]] durch [[Griechenland]], [[Albanien]] und das [[Adriatisches Meer|Adriatische Meer]] nach Süd[[italien]] gebaut ohne Anschluss an Bulgarien.
Die South Stream-Pipeline wäre ein neuer Lieferweg für russisches Gas. Sie würde unter dem Schwarzen Meer verlaufen und sich in Bulgarien teilen. Seit den letzten [[Russisch-ukrainischer Gasstreit|Gaskrisen]] werden zusätzlich die Verbindungen mit den Nachbarländern ausgebaut. Sie sollen die Erdgassysteme der südosteuropäischen Ländern zu einem Gasverbundsystem verbinden und in der Zukunft als alternative Versorgungsroute genutzt werden. Das South Stream-Pipeline-Projekt wurde Ende der 2000er auf Druck der EU-Kommission eingestellt, da sie nicht der [[Vertrag über die Energiecharta|Europäischen Energiecharta]] entsprach. 2019/2020 wurde stattdessen die Gaspipeline [[Balkan Stream]] als Verlängerung der [[Turkish Stream]] und als Alternative zur South Stream-Pipeline bis zur [[Grenze zwischen Bulgarien und Serbien|serbischen Grenze]] gebaut. Sie hat in Bulgarien keine Abzweigungen und dient ausschließlich dem [[Transitverkehr|Transit]].
 
Auch die Burgas-Alexandroupolis-Ölpipeline wurde nicht gebaut. Es gab Bürgerbegehren gegen dieses Projekt und Proteste von Umweltschützern. Mitte Dezember 2011 erklärte die Regierung Bulgariens den Ausstieg aus dem Projekt.
 
==== Öl und Erdgas ====
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== Infrastruktur ==
[[Datei:Pan-European corridor VIII de.png|mini|Bulgarien und die paneuropäischen Verkehrskorridore]]
Bulgarien ist ein wichtiges Transitland zwischen [[Mitteleuropa]] und dem [[Naher Osten|Nahen OstenVorderasien]]. Die [[Paneuropäische Verkehrskorridore|paneuropäischen Verkehrskorridore]]&nbsp;IV (Dresden–Budapest–Craiova–Sofia–Thessaloniki), VII (Donau), [[Paneuropäischer Verkehrskorridor VIII|VIII]] (Durrës-Tirana–Skopje–Sofia–Burgas) und IX (Helsinki–Moskau–Bukarest–Dimitrowgrad–Alexandropolis) führen durch Bulgarien. Die Achse Sofia-Burgas ist auch Teil des [[Transeuropäische Netze|Transeuropäischen Transportnetzes]] (TEN) der Europäischen Union.
 
Das Land verfügt über ein relativ gut ausgebautes Verkehrsnetz: Eisenbahnnetz ([[Bulgarische Eisenbahninfrastrukturgesellschaft]]), Straßennetz (jedoch bislang nur wenige Autobahnen), vier internationale Flughäfen ([[Flughafen Sofia]], [[Flughafen Warna]], [[Flughafen Burgas]] und [[Flughafen Plowdiw]]), zwei Hochseehäfen ([[Hafen Burgas]], [[Hafen Warna]]) und mehrere kleinere Seehäfen ([[Sosopol]], [[Baltschik]]) sowie Binnenhäfen (an der Donau). Bis ins späte Mittelalter spielte die Binnenfahrt auf dem Fluss [[Mariza]] eine wichtige Rolle. Der Schiffsverkehr auf der Donau spielt für Bulgarien nur eine geringe Rolle. In den Häfen [[Russe (Stadt)|Russe]], [[Widin]], [[Lom (Bulgarien)|Lom]] und [[Silistra]] findet ein begrenzter Güterumschlag statt; in Russe legen [[Kreuzfahrtschiff]]e an.
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Der Verkehr in Bulgarien findet vor allem auf der Straße statt. Zwischen den Großstädten verkehren Busse mehrerer Busunternehmen. Regionalverbindungen in die kleineren Städte gibt es von der jeweiligen Provinzhauptstadt. In der Sommerzeit werden auch direkte Verbindungen von Sofia und anderen Großstädten in die meisten Tourismusorte an der Schwarzmeerküste angeboten. Die Busverbindungen in die Groß- und Hauptstädte der Nachbarländer stellen eine preiswertere Alternative dar und sind gut ausgebaut. Insgesamt hat Bulgarien mit der Türkei drei Grenzübergänge, mit Griechenland vier (ein weiterer in Bau),<!--Stand?--> mit Nordmazedonien drei (weitere drei in Planung),<!--Stand?--> mit Serbien fünf (weitere drei in Planung)<!--Stand?--> und mit Rumänien zwölf (ein weiterer wurde 2013 mit der [[Donaubrücke&nbsp;2]] eröffnet).
 
Das bulgarische Autobahnnetz befindet sich noch im Ausbau. Durch die Schließung der letzten Lücken der [[Awtomagistrala Trakija|Autobahn Trakia (A&nbsp;1)]] besteht seit Mitte 2013 eine direkte Autobahnverbindung zwischen der Hauptstadt Sofia und dem Schwarzen Meer. Anders als in den Nachbarländern gibt man in Bulgarien, geographisch bedingt, statt den NordOst-SüdWest-Verbindungen denPriorität Ostvor Nord-WestSüd-Verbindungen die Priorität.
{{Siehe auch|Liste der Autobahnen in Bulgarien}}
 
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Alle großen Städte Bulgariens werden von der [[Balgarski Darschawni Schelesnizi|Bulgarischen Staatsbahn]] erschlossen. Die Hauptstrecken werden ausgebaut, jedoch werden Zugverbindungen in kleinere Orte gestrichen. Auf der Strecke Sofia–Burgas (ca. 400&nbsp;km) dauert eine Zugfahrt etwa sechseinhalb Stunden, während eine Busfahrt nur fünf Stunden benötigt. Aus diesem Grund wird die bulgarische Bahn eher gemieden, ist jedoch auf einigen Strecken preiswerter als eine Busfahrt.
 
[[Hochgeschwindigkeitszug|Hochgeschwindigkeitsverkehr]] existiert in Bulgarien wie auch in den Nachbarländernbisher nicht. Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Sofia und Istanbul, via Plowdiw soll als Teil des IV.&nbsp;Paneuropäischen Korridors entstehen und im zweiten Schritt von Sofia via [[Wraza]] zur [[Donaubrücke&nbsp;2]] an der rumänischen Grenze bei [[Widin]] fortgeführt werden. Das Projekt soll finanziell bis zur Hälfte von der EU getragen werden.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.capital.bg/politika_i_ikonomika/bulgaria/2011/03/11/1057785_nai-skupata_jp_magistrala/ |titel={{lang|bg|Най-скъпата жп магистрала}} |hrsg=Zeitschrift [[Capital (Bulgarien)|Capital]] |sprache=bg |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20110314011633/http://www.capital.bg/politika_i_ikonomika/bulgaria/2011/03/11/1057785_nai-skupata_jp_magistrala/ |archiv-datum=2011-03-14 |abruf=2011-03-13 |archiv-bot=2023-03-25 22:59:59 InternetArchiveBot}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.dnevnik.bg/bulgaria/2011/03/16/1059797_ot_vidin_do_sofiia_za_2_chasa_s_vlak_-_nai-rano_prez/ |titel={{lang|bg|От Видин до София за 2 часа с влак&nbsp;– най-рано през 2020&nbsp;г}} |hrsg=[[Dnevnik (Sofia)|Dnevnik]] |sprache=bg |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20110319042841/http://www.dnevnik.bg/bulgaria/2011/03/16/1059797_ot_vidin_do_sofiia_za_2_chasa_s_vlak_-_nai-rano_prez/ |archiv-datum=2011-03-19 |abruf=2011-03-16 |archiv-bot=2022-10-14 10:10:41 InternetArchiveBot}}</ref> Ein realistischer Zeitpunkt, zu dem es in Betrieb gehen kann, ist nicht bekannt.
 
Einige bulgarische Städte (Sofia, Burgas u.&nbsp;a.) sind Beginn und Ziel mehrerer europäischer Zugverbindungen (siehe: [[Balgarski Darschawni Schelesnizi#Internationale Kursbuchstrecken (Stand: März 2011)|Internationale Strecken]]). Auch der [[Orient-Express]] durchquerte Bulgarien.
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=== Feiertage ===
{| class="wikitable zebra"
! Datum !! Name<ref>{{Internetquelle |url=https://www.parliament.bg/?page=history&lng=en&hid=11bg/24 |titel=ListeBulgarische der offiziellenoffizielle Feiertage Bulgariens |werk=Website der Bulgarischen Nationalversammlung |abruf=2010-03-07}}{{Internetquelle |url=https://www.parliament.bg/?page=history&lng=bg&hid=11 |titelhrsg=Liste der offiziellen Feiertage Bulgariens |werk=Website der BulgarischenNarodno NationalversammlungSabranie |sprache=bg |abruf=20102024-0304-0709}}</ref>
! Deutscher Name !! Anmerkungen
|-
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| {{lang|bg|Нова година}}
| [[Neujahr]] ||
|-
| 1. Februar
| {{lang|bg|Ден за почит към жертвите на комунистическия режим}}
| Gedenktag für die Opfer des [[Geschichte Bulgariens#Kommunistische Machtergreifung|Kommunistischen Regimes]]
| Am 1. Februar 1945 wurden durch kommunistische Volksgerichte große Teile der politischen, militärischen und intellektuellen Elite des Landes zum Tode verurteilt.
|-
| 3. März
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|-
| 1. Mai
| {{lang|bg|Ден на труда}} и на международната работническа солидарност
| [[Erster Mai|Internationaler Tag der Arbeit]] und der internationalen Arbeitersolidarität ||
|-
| 6. Mai
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|-
| 24. Mai
| {{lang|bg|Ден на светите братя Кирил и Методий, на българската азбука, просвета и култура и на славянската писменосткнижовност}}
| Tag der Heiligen [[Kyrill und Method]], des bulgarischen Alphabets, der Aufklärung und Kultur und der slawischen Literatur ''(der Feiertag ist eng verknüpft mit der Kreation des [[Kyrillisches Alphabet|kyrillischen Alphabets]])''
| schulfrei
|-
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==== Volleyball ====
Volleyball ist nach Fußball die zweite Ballsportart, die nicht nur in Bulgarien beliebt, sondern in der das Land auch international erfolgreich ist. Die [[Bulgarische Volleyballnationalmannschaft der Männer|Männermannschaft]] erreichte zuletzt 2007 den dritten Platz bei der [[Volleyball-Weltmeisterschaft|Weltmeisterschaft]] und nimmt zurzeit (August 2016) den 16.&nbsp;Platz der [[Volleyball-Weltrangliste]] ein. Die [[Bulgarische Volleyballnationalmannschaft der Frauen|Frauen]] erreichten den Gipfel ihrer sportlichen Erfolge mit dem [[Volleyball-Europameisterschaft|Europatitel]] im Jahre [[Volleyball-Europameisterschaft der Frauen 1981|1981]]. Zu den bekanntesten bulgarischen Volleyballspielern zählen [[Plamen Konstantinow]], [[Daniel Peew (Volleyballspieler)|Daniel Peew]], [[Nikolaj Scheljaskow]], [[Ljubomir Ganew]], [[Martin Stoew]], [[Wladimir Nikolow]] und [[Matej Kasijski]] sowie bei den Frauen [[Zwetana Boschurina]] und [[Jordanka Bontschewa]].
 
2012 erreichte Bulgarien bei den [[Olympische Sommerspiele 2012/Volleyball (Halle)|Olympischen Spielen in London]] den vierten Platz bei den Männern.
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==== Special Olympics ====
[[Special Olympics Bulgarien]] wurde 1994 gegründet und nahm mehrmals an [[Special Olympics#Weltspiele|Special Olympics Weltspielen]] teil. Der Verband hat seine Teilnahme an den [[Special Olympics World Summer Games 2023]] in Berlin angekündigt. Die Delegation wird vor den Spielen im Rahmen des ''Host Town Programs'' von [[Kiel]] betreut.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.berlin2023.org/en/beyond-sports/hosttown |titel=Host Town Program |sprache=en |abruf=2023-03-21}}</ref>
 
== Siehe auch ==
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== Weblinks ==
{{Schwesterprojekte
'''[[Portal:Bulgarien]]''' – Das Wikipedia-Portal zum Einstieg in weitere Artikel
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