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Streichliste Diese Filialen von Karstadt Kaufhof machen dicht

Karstadt Kaufhof schließt 62 Filialen - anders sei das Unternehmen nicht zu retten, sagt der Generalbevollmächtigte Geiwitz. Tausende verlieren ihren Job. Die betroffenen Standorte im Überblick.
Filialen von Karstadt und von Kaufhof in Trier: Auswirkungen weit über das Unternehmen hinaus

Filialen von Karstadt und von Kaufhof in Trier: Auswirkungen weit über das Unternehmen hinaus

Foto: Harald Tittel/ dpa

Die Schließung von mehr als einem Drittel der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen ist nach Überzeugung der Unternehmensführung der einzige Weg, um das Unternehmen zu retten. "Wir wissen, was dies für die betroffenen Mitarbeiter bedeutet. Aber dieser Schritt ist ohne Alternative, weil diese Filialen den Gesamtbestand des Unternehmens gefährden", sagte der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz am Freitag. Letztlich gehe es darum, das Unternehmen und damit viele Tausend Arbeitsplätze zu sichern.

Die Planung des Konzerns sieht vor, "zunächst 62 von 172 Filialen und zwei sogenannte Schnäppchencenter" zu schließen. Für sie bestehe angesichts der Auswirkungen der Coronakrise keine wirtschaftliche Perspektive mehr, sagte Geiwitz. Durch die Schließung und weitere Sparmaßnahmen dürften mindestens 5000 der 28.000 Stellen bei dem Konzern wegfallen.

Der Gesamtbetriebsrat des Konzerns berichtete von genau 5317 Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren würden - und sprach vom schwärzesten Tag für die Belegschaft. Es herrsche "ein Gefühl der Ohnmacht". Es bestehe Angst vor dem, "was die grausame Nachricht bei unseren Kolleginnen und Kollegen auslöst". Die Arbeitnehmervertreter kritisierten auch die Vermieter der Kaufhäuser: Diese würden sich ihrer sozialen Verantwortung entziehen. Unter anderem in Hamburg sei daher am Samstag eine Kundgebung geplant.

Die Zahl der Filialschließungen fällt insgesamt allerdings etwas geringer aus als zunächst befürchtet. Ursprünglich hatte die Geschäftsführung sogar signalisiert, dass im Zuge der Sanierung des ums Überleben kämpfenden Unternehmens bis zu 80 Filialen auf der Kippe stünden. Welche Filialen geschlossen werden, hat der SPIEGEL aus informierten Kreisen erfahren.

Sehen Sie hier, welche Filialen demnächst geschlossen werden:

Erst am Donnerstagabend hatten sich das Unternehmen, der Gesamtbetriebsrat und Ver.di auf einen Sozialplan und einen Interessenausgleich verständigt. Bestandteil der Einigung ist auch eine Transfergesellschaft für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen müssen. Generalbevollmächtigter Geiwitz sprach von einem "schmerzhaften Einschnitt". Zudem wurden tarifliche Regelungen für die Beschäftigten getroffen, die im Unternehmen bleiben. Der gerichtlich bestellte Sachwalter Frank Kebekus begrüßte die Einigung mit den Arbeitnehmern. Jetzt müsse aber auch noch "zeitnah" eine befriedigende Lösung mit den Vermietern gefunden werden.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil forderte die Beteiligten am Freitag dazu auf, bei der Sanierung des Unternehmens auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. "Ich erwarte, dass von pauschalen Kürzungsplänen auf dem Rücken der Beschäftigten Abstand genommen wird", sagte der SPD-Politiker. Zudem sollten Zukunftskonzepte für die von der Schließung bedrohten Filialen entworfen werden. Eigner und Gläubiger seien in der Pflicht, keine "radikalen Abbaupläne" zu verfolgen, sondern in den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu investieren. "Falls es zu personellen Anpassungsmaßnahmen kommt, erwarte ich, dass ein entsprechender Sozialplan vereinbart wird."

Der Handelskonzern war durch die pandemiebedingte Schließung aller Filialen in eine schwere Krise geraten und hatte Anfang April Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Galeria Karstadt Kaufhof rechnet durch die Pandemie und den durch sie ausgelösten Konjunkturabschwung bis Ende 2022 mit Umsatzeinbußen von bis zu 1,4 Milliarden Euro.

Auch in vielen Kommunen dürfte die Schließung der Filialen Unruhe auslösen. Norbert Portz vom Deutschen Städte- und Gemeindebund warnte schon bei Bekanntwerden der ersten Schließungspläne im Mai vor der Gefahr einer Verödung vieler Innenstädte. "Galeria Karstadt Kaufhof ist nicht irgendwer. Die Warenhäuser sind für viele Innenstädte systemrelevant", sagte er. Gerade für viele strukturschwächere Innenstädte sei ein Verlust der Warenhäuser nach seiner Einschätzung kaum auszugleichen.

Ver.di warnte damals, eine Schließungswelle bei Galeria Karstadt Kaufhof werde Auswirkungen weit über das Unternehmen hinaus haben. Mittelfristig seien dadurch auch Zehntausende von Arbeitsplätzen bei anderen Einzelhändlern und die Attraktivität ganzer Innenstädte bedroht.

mik/apr/fdi/kig/dpa-AFX