Szintigrafie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Patient unter Gammakamera (Schilddrüsen-Szintigraphie).

Die Szintigrafie (lat. scintilla Funke[1], griechisch γράφειν zeichnen, beschreiben) ist ein bildgebendes Verfahren der nuklearmedizinischen Diagnostik. Das dabei entstandene Bild nennt man auch Szintigramm. Dabei werden radioaktiv markierte Stoffe (Radiopharmaka) in den Körper eingebracht, die sich im zu untersuchenden Zielorgan anreichern und anschließend mit einer Gammakamera, von der die abgegebene Strahlung gemessen wird, sichtbar gemacht werden. Die Methode eignet sich nicht nur zur Lokalisationsdiagnostik beispielsweise von Entzündungsherden im Skelett (Skelettszintigrafie). Da der zeitliche Ablauf von Aufnahme und Ausscheidung der strahlenden Substanz aufgezeichnet werden kann, lassen sich Informationen über die Funktion von Organen beispielsweise in der Nierenfunktionsszintigrafie oder Herzszintigrafie gewinnen. Die Strahlenbelastung ist bei diesen Untersuchungen meist geringer als bei den vergleichbaren Röntgenuntersuchungen. In Deutschland werden wöchentlich etwa 60.000 Szintigrafien durchgeführt.[2]

Inhaltsverzeichnis

Prinzip [Bearbeiten]

Ganzkörperbild einer Patientin (Läsion im Schädel).
Injektion von 99mTc. Die Spritze mit dem Radionuklid ist von einer Abschirmung umgeben.

Die Bildgebung beruht auf der Verabreichung von Radiopharmaka, d. h. Stoffen, die radioaktiv markiert sind. Dabei werden solche Stoffe verwendet, die sich in dem zu untersuchenden Gewebe besonders gut anreichern. Man spricht dabei von Tracer (Indikator).

Zur Diagnostik werden Radiopharmaka verwendet, die Gammastrahlen aussenden. Die Radionuklide reichern sich, je nach chemischer und biologischer Beschaffenheit, in bestimmten Organen des Menschen an (z. B. Schilddrüse, Herz, Leber, Niere, Lunge, Knochen). Bei der Skelettszintigrafie werden beispielsweise Bisphosphonate verwendet, die infolge des Knochenstoffwechsels in die Knochensubstanz eingebaut werden. Als radioaktiver Marker wird dabei meist das Technetium-Isotop 99mTc verwendet.

Mit Hilfe eines Scanners oder einer Gammakamera kann die ausgesandte Strahlung ermittelt (detektiert) und in ein farbvisualisiertes Bild transformiert werden. (Die Detektion erfolgt mit Hilfe eines Szintillationskristalls, der bei Auftreffen der Gammaquanten Lichtblitze erzeugt. „Szinti“ kommt dabei aus dem Lateinischen von scintillare und bedeutet „blitzen, funkeln“; daher der Name „Szintigrafie“.) Die Lichtblitze aus den Kristallen werden in ein elektronisches Signal umgewandelt und entsprechend der Häufigkeit als Bildpunkt in Schwärzungsgraden dargestellt. Die Darstellung der untersuchten Organe kann entweder flächig (planar) erfolgen oder mittels SPECT. Beim SPECT-Verfahren werden mehrere Aufnahmen derselben Körperregion aus verschiedenen Winkeln angefertigt und aus den gewonnen Daten ein dreidimensionales Modell errechnet, das Schnittbilder wie in einer Computertomografie ermöglicht.

Anwendung [Bearbeiten]

Szintigrafie eines Patienten mit M. Basedow vor und nach Radioiodtherapie
Szintigraphie einer Schilddrüse mit Uptake und Größe im oberen Normbereich. Oberhalb der SD sind die Unterkieferspeicheldrüsen zu erkennen.

Anwendung findet die Szintigrafie beispielsweise in der Tumordiagnostik. Der radioaktiv markierte Tracer wird sich vorzugsweise in Gewebe anreichern, das einen erhöhten Stoffwechsel aufweist und daher stärker vaskularisiert (durchblutet) ist („Hot Spot“). Das ist typisch für Tumorgewebe. Im Szintigramm erscheinen diese Gewebepartien dunkler oder stärker/anders gefärbt. Bei Fragestellungen, die sich auf das Skelettsystem beziehen, lässt sich mit diesem Vorgehen sehr schnell ein umfassender Überblick gewinnen, unklare Befunde können präzisiert werden. Besteht etwa der Verdacht einer gelockerten Endoprothese, weist die Szintigrafie das sicher nach oder schließt es aus. Der Aktivitätszustand und das Verteilungsmuster einer rheumatischen Erkrankung lässt sich abschätzen, die Frage nach Skelettmetastasen lässt sich beantworten.

Es ist auch möglich, mit dieser Methode einen erhöhten oder verminderten Stoffwechsel von Nicht-Tumorgewebe zu diagnostizieren, beispielsweise bei der Schilddrüsenuntersuchung. Ein Beispiel dazu zeigt die nebenstehende Abbildung.

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit findet sich in der Kinder- und Jugendmedizin: Wenn bei Kindern, insbesondere Säuglingen, der Verdacht auf Misshandlung besteht (battered child syndrome – häufige klinische Angabe „Sturz von der Wickelkommode“), so kann eine Szintigrafie erhöhte Knochenstoffwechselvorgänge feststellen, die als Reparaturmaßnahme des Knochens vorkommen. Es ist so möglich, Rückschlüsse auf die Anwendung äußerer Gewalt zu ziehen. Dazu müssen die Knochen noch nicht einmal gebrochen sein, schon leichte Prellungen können mit Hilfe der Szintigrafie nachgewiesen werden.

Die Zeitspanne für die Untersuchungen beträgt – abhängig von den zugrundeliegenden physiologischen Prozessen – zum Teil mehrere Stunden; bei der Skelettszintigrafie z. B. können drei bis vier Stunden von der Gabe des Radiopharmakons bis zum Abschluss der Aufnahmen angesetzt werden. Für die Aufnahme selbst liegt der Patient, abhängig von Fragestellung und Gerät, 10 bis 30 Minuten still unter der Gammakamera. Die Strahlenexposition variiert je nach durchgeführter Untersuchung und liegt zum Beispiel für eine Schilddrüsen-Szintigrafie in der Höhe einer einfachen Röntgenaufnahme (etwa 0,5 mSv), für die meisten Untersuchungen unterhalb derjenigen bei einer umfangreicheren Computertomografie (etwa 5 bis 20 mSv), in Einzelfällen auch darüber. Die Indikation zu einer nuklearmedizinischen Untersuchung ist bei Kindern und Jugendlichen streng zu stellen, bei Schwangeren ist eine Indikation in aller Regel nicht gegeben. Des Weiteren sollte bedacht werden, dass die eingesetzte Technik darauf beruht, dass die Strahlung den Körper verlässt. Je nach verwendetem Isotop sollte also in den ersten 24 bis 48 Stunden nach der Untersuchung allzu enger Kontakt zu Schwangeren, Kindern und Jugendlichen vermieden werden.

Ähnliche Verfahren [Bearbeiten]

Quellen [Bearbeiten]

  1. Der Kleine Stowasser, München 1971
  2. Michael Feld, Akute Engpässe in der Nuklearmedizin, Dtsch Arztebl 2008; 105(37): A-1874 / B-1614 / C-1578, AKTUELL: Akut

Weblinks [Bearbeiten]

Gesundheitshinweis Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!