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27. September 2011
Medical Tribune Medizin Medien Austria

Schwerpunkt Reisemedizin

An vielen Reisezielen der Welt ist Tollwut ein Thema. Was tun, wenn nicht ganz klar ist, wann das letzte Mal geimpft wurde? Wie weit kann von den Vorgaben abgewichen werden, ohne dass man den optimalen Impfschutz aufs Spiel setzt? Gerade bei der Tollwutimpfung, aber auch bei manchen anderen Impfungen gilt: Es muss nicht von vorne begonnen werden, wenn die Grundimmunsierung inkl. zweimaliger Boosterung erfolgte – auch wenn mittlerweile etliche Jahre vergangen sind. Weitere Themen im Reisemedizin-Schwerpunkt: Wissenswertes zur Malaria-Standby-Medikation und Tipps, wie Sie an den Traumjob als Schiffsarzt auf hoher See kommen.

Toleranzen und Grenzen der Impfschemata
Wie lange Impfungen wirklich wirken

Foto: BilderBox.com
Selbst wenn Impftermine nicht eingehalten wurden, muss oft nur aufgefrischt werden.

LINZ – Er habe in den letzten 30 Jahren bestenfalls ein Dutzend tadellose Impfpässe gesehen, erzählte Univ.-Prof. Dr. Herwig Kollaritsch, Abt. f. Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin, MedUni Wien, bei den Reisemedizinischen Tagen in Linz. Für die Praxis ist es daher gut zu wissen, wie weit von den Vorgaben abgewichen werden kann, um trotzdem einen optimalen Impfschutz zu haben.

Um das beurteilen zu können, muss man auch wissen, wo­rauf die grundsätzlichen Impfschemata fußen, insbesondere bei Totimpfstoffen. Die hier gepflogenen Impfabstände (zweite Impfung nach vier Wochen, dritte Impfung nach sechs bis zwölf Monaten, konstante Boosterungen) sind oft empirisch festgelegt, traditionell beeinflusst, nehmen Rücksicht auf die Praktikabilität, streben eine zeitliche Kompatibilität mit anderen Vakzinen an und orientieren sich nicht zuletzt an der Kosteneffizienz.

Bild: Archiv

„Was wir also an Impfabständen bei Totimpfstoffen pflegen, wurde nicht – das möchte ich ganz klar sagen – in allen Fällen durch entsprechende Untersuchungen ausgereizt und ist aus immunologischer Sicht nicht wirklich begründbar“, betonte Prof. Kollaritsch. Eine in vielen, aber nicht in allen Fällen geltende Grundregel für adjuvierte Totimpfstoffe lautet daher: „Jede Impfung zählt.“ Ein Neubeginn ist bei dokumentierter Vorimpfung auch bei deutlichem Überziehen des empfohlenen Intervalls nicht nötig, man kann im normalen Schema weiterimpfen. Das gilt etwa bei der FSME-Impfung.

Selbst wenn die Impfschemata nicht eingehalten wurden, sieht es für die Boosterfähigkeit vorhergegangener Impfungen gut aus – wie eine Studie (Schosser et al., ISWTBE 2009) an 1115 Personen zeigte. Die Probanden hatten eine inkomplette Impfvorgeschichte (nur ein bis zwei Impfungen) und/oder ein irreguläres Impfintervall mit fehlenden Auffrischungen um bis zu 20 Jahre. Direkt vor der Boosterung im Rahmen der Studie waren jene Personen, die nur eine oder zwei FSME-Impfungen hatten, zum überwiegenden Teil seronegativ. Jene Personen, die drei oder vier Impfungen und bis zu 20 Jahre nicht aufgefrischt hatten, waren sogar großteils seropositiv (93 % bzw. 95,7 %), über 50-Jährige allerdings weniger (knapp über 80 %).

FSME und Tollwut: Tolle Boosterfähigkeit

Die Ergebnisse der Studie hält der Immunologe für „überaus interessant“: Selbst Personen, die nur eine Impfung bekommen haben, wiesen nach der Boosterung eine Seropositivität von rund 94 % auf (vorher 46 %). Sein Fazit: „Die FSME-Impfung erzeugt ein wunderbares Immun-Memory mit einer sehr guten Boosterfähigkeit.“ Eine einzige Impfung reiche, um die Impflinge wieder ins reguläre Schema überzuführen, bei zwei Vorimpfungen zu > 95 %, bei einer zu > 90 %, unabhängig vom Alter und vom Zeitraum seit der Letztimpfung (< 20 Jahre). Aber Vorsicht: Eine gute Auffrischbarkeit heißt laut Prof. Kollaritsch nicht, dass der Impfling im seronegativen Intervall geschützt ist – im Infektionsfall wäre die anamnestische Antwort vermutlich zu langsam.

Zur Tollwut-Impfung gibt es noch Positiveres zu berichten. Generell bewirkt die Grundimmunisierung (egal, welches Impfschema und welche Applikationsart) inklusive zweimaliger Boosterung nach einem Jahr eine starke anamnestische Antikörperantwort, sodass im Falle einer Exposition keine zusätzliche Gabe von Immunglobulinen (IG) nötig ist. Das gilt auch für die Langzeitimmunität, wie eine Studie mit 118 Rabies-Impflingen (K. Suwansrinon et al., Vaccine 2006) belegt. Selbst nach einem Impfintervall von 20 Jahren führt ein Booster (zwei Dosen) zu einer starken anamnestischen Antikörperantwort.

Weiters besteht kein Unterschied in der anamnestischen Immunantwort nach intramuskulär- oder intradermal- Gabe. Zudem waren alle Patienten, bevor sie geboostert wurden, noch im Schutz, sodass auch im Falle einer Exposition selbst 20 Jahre nach der Grundimmunisierung keine zusätzliche IG-Gabe nötig ist. Aber nicht alle Impfstoffe können so viel. Die Tetanus-Impfung z.B. hält zwar sehr lange, laut einer alten Arbeit (Simonsen et al., Lancet 1984) gibt es nach 25 bis 30 Jahren eine Antikörperpersistenz von 72 %. Doch nur rund die Hälfte der Personen reagierte auf eine Auffrischung nach 25 bis 30 Jahren im Sinne einer anamnestischen Antwort (70 % nach 20 bis 25 Jahren).

Daher empfiehlt auch der Impfplan nach mehr als 20 Jahren Impfabstand zwei Dosen (im Abstand von ein bis zwei Monaten) für die Tetanus-Auffrischung. Noch „krasser“ sei die Situation bei Diphtherie, informierte der Experte. Bei einer Immunitätsbestimmung gegen Diphtherie (und Tetanus) bei 558 Zufallspatienten (18 bis 70 a) einer Unfallklinik, deren Letztimpfung mehr als zehn Jahre zurücklag (Mittel: 11,2 a), kam ein „erschreckendes“ Ergebnis zutage: Nur mehr 46,4 % waren gut gegen Diphtherie geschützt. Auch nach der Boosterung hatten lediglich 89,7 % eine gute Diphtherieimmunität (VIDITE Study, Marlovits et al., Vaccine 19, 1061–1067).

Bei der Hepatitis-B-Impfung wiederum war lange vorherrschende Meinung, eine einmalige Immunantwort schütze lebenslang: „Mittlerweile sind diese Stimmen etwas leiser geworden“, weiß der Impfexperte. So zeigten Daten aus anderen Ländern, die schon sehr lange gegen Hep B impfen, wie z.B. Taiwan, dass zwar mehr als die Hälfte auf eine Boosterung nach rund 20 Jahren so antwortet, wie man es erwartet (Su et al., Vaccine 2007). Allerdings hatte eine „eindrucksvolle Gruppe“, nämlich ein Fünftel, überhaupt keine anamnestische Reaktion. Diese Personen dürften offenbar nicht nur ihre zirkulierenden Antikörper verloren haben, sondern auch ihr Immun-Memory, „d.h. die Hep-B-Impfung ist nicht ein Leben lang auffrischbar“.

Dennoch, unterstreicht der Immunologe, reiche bei niedrigem Infektionsdruck die Grundimmunisierung (ev. mit einer Auffrischung) als Kollektivschutzmaßnahme aus. „Beruflich Exponierte bedürfen aber der regelmäßigen Antikörperkontrolle, da geht es letztlich auch um eine Haftungsfrage.“ Abschließend erinnert Prof. Kollaritsch daran, dass die Impfintervall-Empfehlungen sich am „schwächsten Glied der Kette“ orientieren und quasi „Sicherheitsaufschläge“ haben (Alter, Geschlecht, Gewicht, Raucher etc.).

Daher könne man Impfabstände bei jungen, gesunden Menschen hinterfragen. „Aber es wäre unethisch und nicht legitim, die Impfabstände wesentlich auszudehnen“, weil dadurch 5 bis 15 % der Impflinge aus dem Schema herausfallen könnten.

Mag. Anita Groß

16. Linzer Reisemedizinische Tagung: „Wer Hirn hat, sollte es schützen“;
März 2011

Foto: Archiv, http://bilderbox.com/

Broschüre für gesunden Sonnenschutz
Sonnengenuss ohne Reue

WIEN – „die umweltberatung“ hat eine Broschüre herausgegeben, in der gesunder Sonnenschutz großgeschrieben ist.

„Sonnenschutz – sonnenklar“ lautet das Motto der Broschüre, die „die umweltberatung“ herausgegegeben hat. Darin finden sich neben Informationen zu den positiven Wirkungen und Gefahren der Sonnenstrahlung auch praktische Tipps zu Vorbeugung und Erster Hilfe bei Sonnenbrand, Ernährung, richtiger Kleidung und Sonnenschutzkosmetik.

Auch wichtige Hinweise, wie Kinder optimal geschützt werden können, werden gegeben. Die 48 Seiten dicke Broschüre kostet 3,50 Euro und wird auf Wunsch gegen Porto- und Bearbeitungsgebühr versendet. Gegen einen Unkostenbeitrag kann auch die UV-Testkarte dazu bestellt werden, die nach wenigen Sekunden zeigt, wie hoch die UV-Belastung ist und welcher Sonnenschutzfaktor angewendet werden sollte.

Information und Bestellung der Broschüre unter der Webadresse www.umweltberatung.at
oder unter der Telefonnummer 02742/718 29 bzw. 01/803 32 32

Nicht bei Malaria-Prophylaxe sparen
Mittel nie im Ausland kaufen!

STUTTGART – „Muss ich dieses teure Zeug kaufen?“, meckert Ihr Patient, der nach Thailand reisen will und dem Sie eine Malaria- Stand-by-Medikation ans Herz gelegt haben. Bleiben Sie hart: Denn Sparsame, die sich Malariamittel im Fall der Fälle vor Ort besorgen wollen, spielen russisches Roulette.

Wenn jemand eine Reise in ein Land plant, in dem die Infektionswahrscheinlichkeit nicht sehr hoch ist, genügt es, eine Stand-by-Medikation für alle Fälle mitzuführen. Doch am Ende hat man die teuren Arzneimittel gekauft und sie gar nicht gebraucht, rechnen sich manche Pfennigfuchser aus. „Schreiben Sie mir genau auf, was ich nehmen soll auf, ich kriege es bei Bedarf ja auch in Bangkok“, mag Ihnen deshalb ein Patient vorschlagen. Jetzt heißt es für Sie als Hausarzt: Eisern bleiben und den Patienten vor solchem Leichtsinn warnen!

Bei etwa elf Prozent der Malariamittel, die man in Thailand käuflich erwerben kann, handelt es sich um Fälschungen, berichtete Dr. Dr. Peter C. Döller von der Tropenklinik Tübingen beim Süddeutschen Kongress für aktuelle Medizin. Und das ist noch nichts im Vergleich zu anderen Ländern: Zwischen 25 und 40 Prozent liegen die Raten der Imitate in Kambodscha, Laos und Myanmar, in Vietnam sogar bei 64 Prozent. Und auf deren Wirkung kann man sich nicht verlassen.

Unter Doxycyclin mit Sonne aufpassen

Doch nicht nur die Sparsamkeit des Patienten, sondern auch die Frage der Langzeitprophylaxe kann Ihnen Probleme bei der Beratung in Sachen Malaria bereiten. So ist bei dem hohen Infektionsrisiko in vielen afrikanischen Ländern medikamentöse Prophylaxe zu empfehlen. Doch was sagen Sie jemandem, der einen Jahresaufenthalt z.B. in Burkina Faso plant? Muss er die ganze Zeit Medikamente schlucken? Er könnte Mefloquin durchaus ein Jahr lang nehmen, falls er es verträgt, so die Antwort. Doxycyclin 100 mg täglich (beginnend ein bis zwei Tage vor der Einreise bis vier Wochen nach Rückkehr) stellt eine weitere Option dar.

Unter dieser Medikation ist aber mit der Sonne aufzupassen, Frauen riskieren Vaginalmykosen und bei Schwangeren ist Doxycyclin kontraindiziert, gab der Experte zu bedenken. Atovaquon plus Proguanil stellt ebenfalls eine Prophylaxe-Möglichkeit dar. Doch hier kommt wieder die ökonomische Problematik ins Spiel: Diese Prophylaxeform geht mit der Zeit ganz schön ins Geld. Viele Auslandsreisende sind ohnehin nicht bereit, ein Jahr lang die Medikamente zu schlucken.

Dr. Döller würde dann empfehlen, auf jeden Fall in den ersten zwei bis drei Monaten eine medikamentöse Prophylaxe durchzuführen – so lange, bis der Betreffende sich eingelebt und sein Haus mückendicht gemacht hat und bis er genau weiß, wo eine geeignete Klinik für den „Fieber-Fall“ ist. Dann kann er auf „Stand-by“ übergehen. Mefloquin wird oft zu Unrecht verteufelt, meldete sich ein Kollege aus dem Auditorium zu Wort: In prophylaktischer Dosis sei die Substanz hinsichtlich der Nebenwirkungen nicht so ungünstig, wie manche Presseberichte glauben machten: „Das betraf die therapeutische Dosis, man sollte da keine Panikmache betreiben.“

Der Einnahmemodus von Mefloquin ist sehr anwenderfreundlich, man muss nur einmal in der Woche daran denken, so ein anderer Kommentar. Zudem treten Nebenwirkungen, wenn überhaupt, relativ früh auf, ergänzte Dr. Döller: Wer die zweite Dosis vertragen hat, kann sich quasi in Sicherheit wiegen. Deshalb solle der Reisende drei Wochen vor Beginn des Auslandstrips mit der Einnahme beginnen, dann ist er auf der sicheren Seite.

CG

Bild: Archiv

Verhängnisvolle Tour durch Sri Lanka
Hundewurm kriecht im Menschenauge

Foto: Massachusetts Medical Society, Waltham
Dieser seltsam bewegliche Faden im Auge entpuppte sich als 10 cm langer Wurm.

München – Drei Wochen Fremdkörper-Gefühl im linken Auge waren genug. Nun suchte die 53-Jährige ärztlichen Rat.

Nicht nur, dass die Patientin seit Wochen ein Reibegefühl im seitlichen Augenabschnitt plagte, die Bindehaut war auch gereizt und geschwollen. Als wichtigen Hinweis präsentierte die Frau ihren Ärzten ihre Reiseanamnese: Zehn Monate zuvor hatte sie eine Tour nach Sri Lanka unternommen. Bei der Untersuchung fanden die Ophthalmologen der TU München einen sich schlängelnden vitalen Wurm subkonjunktival. Der Parasit wurde nach chirurgischer Entfernung identifiziert und ausgemessen: Das Dirofilaria-repens-Exemplar war stolze 10 cm.

Dieser Wurm ist eigentlich ein verbreiteter Hundeparasit, der in Afrika, Asien und Südeuropa vorkommt. Mikrofilarien werden durch einen Mückenstich auf den Wirt übertragen, wo sie sich in fertile Würmer entwickeln. Auch Menschen können infiziert werden, besonders häufig befallen werden Haut, Lunge, Augen, die weibliche Brust und die männlichen Genitalien, informieren die Kollegen im „New England Journal of Medicine“.

Im menschlichen Fehlwirt bleiben die Parasiten allerdings meist infertil. Anders als bei einer Loa-Loa-Infektion des Auges besteht keine Notwendigkeit, den Patienten mit systemischen Antifilarien- Mitteln zu behandeln.

CG

Quelle Text und Abb.: Ramin Khoramnia et al., N Engl J Med 2010; 363: e37,
© Massachusetts Medical Society, Waltham

Internetplattform für Ärzte, die anheuern wollen
Zwischendurch als Schiffsarzt unterwegs

LÜBECK – Meere überqueren und ferne Länder besuchen – diesen Traum können sich Ärzte erfüllen, ohne tief ins Portemonnaie greifen zu müssen. Insbesondere Hausärzte und Internisten eignen sich nämlich zum Schiffsarzt, um Passagiere und Crew im Bedarfsfall medizinisch zu versorgen, sagt Chirurg Dr. Christian Ottomann.

Foto: Dr. Otttomann

Damit Ärzte und Reedereien bzw. Schiffseigner leichter zusammenfinden, hat Dr. Ottomann die „Schiffsarztbörse“ aus der Taufe gehoben. Innerhalb weniger Wochen haben sich rund hundert Ärzte registriert. Was zunächst in kleinem Rahmen begann, hat der Kollege nun auf professionelle Füße gestellt: Im März ging er mit dem Portal „Schiffsarztbörse“ (SAB) online (www.schiffsarztboerse.de). Selbst als Schiffsarzt auf Expeditionen am Süd- und Nordpol tätig, fand es Dr. Ottomann mühsam, geeignete Schiffe zum passenden Zeitpunkt zu finden. Deshalb kam er zusammen mit befreundeten Kollegen auf die Idee, diesen Service im Internet anzubieten.

Online registrieren und Reisewünsche eingeben

Wer Interesse hat, in einem bestimmten Zeitraum Meeresluft zu schnuppern und auf einem Schiff als Arzt anzuheuern, kann sich auf SAB kostenlos registrieren und anschließend die individuellen Reisewünsche eingeben (z.B.: Wohin soll die Reise gehen? In welchem Zeitraum? Auf welchem Schiff?). Findet sich ein passender Schiffseigner oder eine entsprechende Reederei, erhält der Arzt eine Benachrichtigung von SAB. Kommt es zu einem Vertrag zwischen Arzt und Schiffseigner, verlangt SAB eine Provision (um die hundert Euro) und kümmert sich im Bedarfsfall auch um eine spezielle Heilwesen- Haftpflichtversicherung für die See.

Mindestens 150 Ärzte sollten sich auf der Plattform registriert haben, damit potenzielle Auftraggeber ein breites Spektrum an Schiffsärzten nutzen können, sagt Dr. Ottomann. SAB sei nach wenigen Wochen schon auf dem besten Wege, dieses Ziel zu erreichen. Das Honorar für die jeweilige Reise muss der Arzt selbst aushandeln – und das kann erheblich schwanken. Die SAB ist hier höchstens beratend tätig. Bei Schiffen unter deutscher Flagge gilt die GOÄ, ansonsten ist das Entgelt abhängig von der Anzahl der Passagiere, der Art des Schiffes und dem Angebot des jeweiligen Reeders.

Wer auf einem großen Kreuzfahrtschiff mit mehreren Hundert Passagieren als Arzt mitreisen möchte, kann ganz gut verdienen. Urlaubsgefühle werden jedoch weniger aufkommen, so die Erfahrung von Dr. Ottomann. Denn in der Regel wird der Arzt bei solch großen Schiffen den ganzen Tag Sprechstunde abhalten müssen. Bei kleineren Segelschiffen hingegen ist die Chance größer, dass der Arzt sich auch erholen und die Reise genießen kann. Das Honorar umfasst dann z.B. Kost und freie Logis plus eventuell die Mitnahme einer Begleitperson. Ob die Reise aus medizinischer Sicht aufregend wird, ist natürlich auch davon abhängig, ob und an was Reisende oder Crew erkranken.

Bei seinem ersten Einsatz als Schiffsarzt, erinnert sich Dr. Ottomann, war er auf einem Expeditionsschiff unterwegs. Beim Anblick der Liste, auf der die Vorerkrankungen der Expeditionsteilnehmer vermerkt waren, bekam der damals noch unerfahrene Kollege zunächst einen kleinen Schreck: Von den 75 Mitreisenden waren zwei Menschen mit Bypass, ein Nierentransplantierter und drei Asthmatiker an Bord. Glücklicherweise musste Dr. Ottomann nur eine Platzwunde versorgen und sich um andere Kleinigkeiten kümmern.

Das Spektrum der zu behandelnden Erkrankungen ist ähnlich breit wie in einer Hausarztpraxis, weshalb sich Hausärzte, Internisten und Kardiologen besonders gut als Schiffsärzte eignen. Häufig zu behandelnde Erkrankungen auf See sind Seekrankheit, Herz-Kreislauf-, Atemwegserkrankungen sowie die Versorgung kleinerer Verletzungen. Natürlich muss auch die Notfallversorgung abgesichert sein. Sprachkenntnisse sind selbstverständlich von Vorteil.

Zusatzqualifikationen für die Schiffsfahrt gesucht

Manche Reedereien suchen Ärzte mit Zusatzqualifikationen für die Schiffsfahrt. Welche das sind und wie sie erworben werden können – diese und weitere Informationen finden sich ebenfalls auf der Schiffsarztbörse.

AT

www.schiffsarztboerse.de

Foto: Dr. Otttomann

Impfungen und Prophylaxe für die Tropenreise
Schwangere und Kinder beraten

BERLIN – Natürlich wäre es gut, wenn Schwangere und Eltern mit kleinen Kindern auf Last-Minute-Reisen verzichteten. Die Realität sieht aber anders aus. Wie beraten Sie diese Risikotouristen?

„Schwangere und Kleinkinder sind besonders empfindlich für Gesundheitsrisiken auf Reisen“, betonte Dr. Bettina Flörchinger vom Centrum für Reisemedizin in Düsseldorf beim 12. Forum Reisen und Gesundheit. Im Falle einer Last-Minute-Reise kommt hinzu, dass alle notwendigen Maßnahmen – Impfungen, Malaria-Prophylaxe, bei Schwangeren die Thromboseprophylaxe – in kurzer Zeit aufs Gleis gesetzt werden müssen, natürlich unter Beachtung der Kontraindikationen!

Thromboseschutz

Durch hormonell bedingte Weitstellung im venösen System droht Schwangeren in erhöhtem Maß die Thrombose. Dieser Gefahr können sie begegnen, indem sie reichlich trinken, viel herumlaufen und bei längerem Sitzen Kompressionsstrümpfe tragen – knielang reicht, so die Gynäkologin. Infektionsschutz ist besonders wichtig, weil Schwangere und Kleinkinder sich nicht nur besonders leicht anstecken, sondern Infektionen wie z.B. Malaria, Influenza oder Hepatitis E bei ihnen auch oft besonders schwer verlaufen. Dass Kinder die gesamte empfohlene Palette an Impfungen absolviert haben sollten, versteht sich von selbst.

Auch präexpositionelle Tollwutimpfung kann indiziert sein, Kinder werden erfahrungsgemäß viel häufiger von verdächtigen Tieren gebissen als Erwachsene. Es gibt für diese Impfung keine Altersbeschränkung, auch Säuglinge können sie bereits erhalten. Da gegen viele Reiseinfektionen keine Impfung verfügbar ist, gehört auch konsequenter Mückenschutz in den Beratungskatalog. Gegen Tetanus, Diphtherie und Polio sollten alle Schwangeren geimpft sein, am besten gleich mit Pertussis-Komponente.

Zudem wird allen Schwangeren ab dem zweiten Trimenon zur Grippeimpfung geraten. Der DPT-Schutz beginnt (bei abgeschlossener Grund-immunisierung) binnen ein bis zwei Tagen, die Protektion gegen Grippe braucht ein bis zwei Wochen. Sofern es vom Ziel und Reisestil her angezeigt erscheint, sind nach den Ausführungen der Referentin einige weitere Impfungen möglich, wenn auch in Studien kaum erprobt. Dazu zählen etwa die Immunisierungen gegen Cholera, Hepatitis A, Meningokokken, Typhus und Gelbfieber (Schutz binnen zwei Wochen) sowie gegen FSME, Pneumokokken, Hepatitis B, Tollwut und Japanische Enzephalitis (längere Frist). Strikte Kontraindikationen bestehen nur gegen Mumps-, Masern-, Rötelnund Varizellen-Vakzinen.

Stand-by nur im absoluten Notfall

Schwierig wird es, wenn am Reiseziel eine medikamentöse Malaria- prophylaxe indiziert wäre. Gegen Chloroquin und Proguanil sprechen die weitverbreiteten Resistenzen. Mefloquin dürfen Schwangere erst ab dem zweiten Trimenon bekommen und Kinder erst ab drei Monaten und 5 kg Gewicht. Atovaquon/Proguanil ist für Schwangere gänzlich verboten, ebenso Doxycyclin, das auch Stillende nicht nehmen sollten. Bei Kindern liegt die kritische Grenze bei 11 kg (Atovaquon/Proguanil) bzw. acht Jahren (Doxycyclin). Stand-by-Medikation ist übrigens nicht besser und sollte nur im absoluten Notfall angewendet werden. Angesichts dieser Situation sollte man als Arzt seine ganze Überredungskunst aufwenden, um Mutter und Kind von Reisen in Malariagebiete abzuhalten.

Dr. Manuela Arand

© MMA, Medical Tribune • 43. Jahrgang • Nr. 22/2011