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22. August 2007
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Neue MT-Serie „Update Genetik“
Genetik ist keine Hürde

Kein Fachgebiet der Medizin kommt heute ohne Gentechnologie aus, auf großen internationalen medizinischen Kongressen dominieren mittels Gentechnologie entwickelte Medikamente bzw. Erkenntnisse zur Pathologie, die mittels molekularbiologischer Methoden gewonnen wurden. Um diese Entwicklung mitverfolgen zu können, bedarf es eines nicht unbeträchtlichen molekularbiologischen bzw. genetischen Wissens.

Während Ihres Studiums kam die Genetik nicht über die Mendel’schen Gesetze hinaus? Fortbildung auf diesem Gebiet ist nur schwierig zu organisieren? Medical Tribune hilft Ihnen, sich die Grundlagen der modernen Genetik zu erarbeiten. Gemeinsam mit dem Österreichischen Genforschungsprogramm GEN-AU und dem Facultas-Verlag startet Medical Tribune die neue Serie „Update Genetik“.

Einmal im Monat werden wir Sie einerseits ab sofort mit DNA, Translation, Transkription, Vektoren, PCR und Hybridisierung vertraut machen. Andererseits werden Sie viel über die Arbeit des Genomforschungsprogramms GENAU erfahren.

Viel Spaß bei der Fortbildung!

Das Wunderwerk DNA

WIEN – Die moderne Medizin kommt nicht mehr ohne Genetik und Molekulargenetik aus – egal ob in der Epidemiologie, der Diagnostik oder der Therapie. Doch Hand aufs Herz, wie vertraut sind Sie mit den Grundlagen der Genetik? Während des Studiums war Genetik bestenfalls eine „Hilfswissenschaft“ und Fortbildungsmöglichkeiten, die die Grundlagen, aber auch den rasanten Fortschritt auf diesem Gebiet vermitteln, sind rar. Diese Lücke möchte eine Kooperation zwischen Medical Tribune und dem österreichischen Genomforschungsprogramm GEN-AU ein wenig schließen. Frischen Sie ab dieser Ausgabe einmal im Monat Ihr genetisches Wissen auf und lesen Sie Interessantes aus einem der größten österreichischen Forschungsprogramme.

Fangen wir sicherheitshalber ganz am Beginn an und gehen der Frage nach, wo im menschlichen Körper die Erbinformation sitzt und wie diese aufgebaut ist.

Die Desoxyribonukleinsäure wurde bereits 1944 von Oswald Th. Avery als Erbsubstanz identifiziert, 1953 stellten James D. Watson und Francis H.C. Crick das Doppelhelix-Modell der DNA vor: Zwei Stränge winden sich um eine zentrale, virtuelle Achse. Sie sind aus verschiedenen Bausteinen, den Nukleotiden, aufgebaut.

Jedes Nukleotid besteht aus einem Zucker – der Desoxyribose – und einer Phosphatgruppe sowie einer Base. Die ersten beiden bilden den unveränderlichen Strang, die Basen entsprechen den Stufen der DNA-Wendeltreppe, sie sind die eigentlichen Informationsträger.

Es gibt vier Basen: Adenin (A) und Guanin (G), beide Purinbasen, sowie Thymin (T) und Cytosin (C) – zwei Pyrimidinbasen.

Jeweils zwei Basen verbinden sich über Wasserstoffbrückenbindungen, wobei Adenin nur mit Thymin und Guanin nur mit Cytosin eine Verbindung eingehen kann. Die Guanin-Cytosin-Verbindung ist stärker, da sie über drei Wasserstoffbrückenbindungen erfolgt, die Adenin-Tymin-Bindung nur über zwei. Grundsätzlich sind Wasserstoffbrückenbindungen nicht sehr stabil und können durch Einwirkung von höheren Temperaturen (um die 90 °C) „aufgeschmolzen“ werden.

Die beiden Stränge der Doppelhelix weichen in diesem Fall auseinander – man spricht von Denaturierung. Der Prozess ist reversibel – wird die Temperatur gesenkt, finden die zueinander passenden Basenpaare wieder zueinander – es kommt zur Renaturierung. Wasserstoffbrücken können auch chemisch, z.B. durch Laugen oder sehr niedrige oder hohe Salzkonzentrationen, aufgebrochen werden.

Die Möglichkeit, DNA-Doppelstränge auseinander zu bringen, ist eine zentrale Voraussetzung für wichtige heute verwendete molekularbiologische Verfahren.

Die DNA enthält die Informationen für alle biologisch wichtigen Vorgänge. Diese sind festgelegt im genetischen Code, wobei jeweils drei Nukleotide ein Codon bilden.

RNA: Wichtige Funktionen in der Zelle
Neben der DNA kommt in den Zellen noch ein zweites Nukleinsäuremolekül vor: die Ribonukleinsäure RNA. Die RNA unterscheidet sich von der DNA einerseits im Zuckermolekül – bei der RNA handelt es sich um Ribose – und andererseits in einer Nukleinsäure – statt Thymin enthält die RNA Uracil.

Wichtig für das richtige Funktionieren der DNA und RNA ist, dass diese Moleküle „gerichtet“ sind – also eine fixe Orientierung haben. Das ergibt sich dadurch, dass immer das Kohlenstoffatom an der Stelle 3 des Zuckers des ersten Nukleotids über den Phosphatrest mit dem Kohlenstoffatom an der 5. Position des nächsten Zuckers verknüpft ist. Dadurch liegt am Anfang eines DNA-Moleküls immer ein freies C5-Atom (5´-Ende) und am Ende ein freies C3-Atom (3´- Ende) vor. Die Einzelstränge der DNA können sich nur in entgegengesetzter Richtung zu einem Doppelstrang anordnen – man spricht von einem antiparallelen Verlauf.

Die klassische Form der DNA ist die rechtsgängig gewundene B-Helix. Der Durchmesser beträgt 2 nm, die gegenüberliegenden Basenpaare haben einen Abstand von 0,34 nm, und die Ganghöhe beträgt zehn Basenpaare. Neben dieser Form gibt es noch die linksgängige Z-Helix und die nur im dehydrierten Zustand vorkommende A-Helix.

Wo steckt die menschliche DNA?

Die gesamte Erbinformation des Menschen liegt aufgeteilt auf die 46 Chromosomen im Zellkern (Nukleus) jeder einzelnen menschlichen Zelle vor. Die DNA einer menschlichen Zelle wäre im gestreckten und aneinander gereihten Zustand zirka zwei Meter lang.

Um in einer Zelle Platz zu finden, muss sie in den Chromosomen stark verdichtet werden. Dazu ist sie auf Trägerproteinen, den Histonen, eng aufgewickelt. Neben dem Zellkern besitzen die Mitochondrien eine eigene DNA – die so genannte mitochondriale DNA (mtDNA).

Dabei handelt es sich um ringförmige DNA-Moleküle, auf denen sich 37 Gene befinden. Die Vererbung der mtDNA erfolgt hauptsächlich über die mütterliche Linie, da wahrscheinlich nur über die Eizelle Mitochondrien und damit mtDNA weitergegen werden.

SJ

Österreichisches Genomforschungsprogramm GEN-AU: Geballte Kompetenz 

Österreichisches Genomforschungsprogramm GEN-AU

WIEN – Die moderne Medizin kommt nicht mehr ohne Genetik und Molekulargenetik aus – egal ob in der Epidemiologie, der Diagnostik oder der Therapie. Doch Hand aufs Herz, wie vertraut sind Sie mit den Grundlagen der Genetik? Während des Studiums war Genetik bestenfalls eine „Hilfswissenschaft“ und Fortbildungsmöglichkeiten, die die Grundlagen, aber auch den rasanten Fortschritt auf diesem Gebiet vermitteln, sind rar. Diese Lücke möchte eine Kooperation zwischen Medical Tribune und dem österreichischen Genomforschungsprogramm GEN-AU ein wenig schließen. Frischen Sie ab dieser Ausgabe einmal im Monat Ihr genetisches Wissen auf und lesen Sie Interessantes aus einem der größten österreichischen Forschungsprogramme.

Der Aufbau des menschlichen Genoms ist bekannt. Man weiß, dass neben Umwelteinflüssen und Lebensgewohnheiten auch unsere Gene eine Rolle bei der Entstehung zahlreicher Krankheiten spielen.

Es stehen dank der Genomforschung heute viele Daten über die Zusammenhänge zwischen der genetischen Veranlagung und dem zukünftigen Ausbruch von Krankheiten zu Verfügung, die neben einer frühzeitigen und präzisen Diagnostik sowie der wirkungsvollen Vorbeugung vor allem revolutionäre Chancen für die Heilung menschlicher Erkrankungen versprechen.

So könnten die molekularen Ursachen für die Entstehung von Krankheiten erkannt und neue maßgeschneiderte Medikamente durch Kenntnis und Vorhersage der dreidimensionalen Struktur von Biomolekülen entwickelt werden. In Österreich wird Genomforschung schon lange an praktisch allen Universitäten sowie an vielen staatlichen und privaten Forschungseinrichtungen betrieben.

Erfolgreiche und international wettbewerbsfähige Genomforschung erfordert jedoch eine kritische Masse an Personal, Ausrüstung und Know-how sowie eine Vernetzung der einzelnen Arbeitsgruppen und Forschungseinrichtungen. Genomforschung erfordert außerdem die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Fachleuten aus Biologie, Medizin, Physik, Chemie, Mathematik und Ingenieurswissenschaften.

Daher wurde nach einer Empfehlung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung im September 2001 vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMWF) das Österreichische Genomforschungsprogramm GEN-AU ausgeschrieben, ein Forschungsprogramm, das sich speziell und systematisch der Förderung der Genomforschung in Österreich widmet und dadurch die Bündelung und Konzentration der Forschungskapazitäten in diesem wichtigen Wissenschaftsfeld vorantreibt.

Mit einem Gesamtfördervolumen von rund 100 Millionen Euro für neun Jahre ist GEN-AU eines der höchstdotierten thematischen Forschungsprogramme des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung. Das BMWF ist für die Entwicklung und Strategie des Österreichischen Genomforschungsprogramms GEN-AU verantwortlich.

Die Programmabwicklung wird seit November 2006 in der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) durchgeführt. Alle drei Jahre können neue Projekte im Rahmen von Ausschreibungen eingereicht werden – die nächsten Ausschreibungen sind für Anfang 2008 geplant.

Alle eingereichten Projekte werden einer Begutachtung durch international anerkannte Fachleute unterzogen. Der wissenschaftliche Beirat (ein Gremium von Expertinnen und Experten aus allen relevanten Disziplinen) gibt schließlich anhand dieser Gutachten eine Förderempfehlung ab und begleitet die Projekte auch während ihrer Laufzeit.

Forschungsprojekte
GEN-AU fördert ein breites Spektrum an Forschungsprojekten. Die Projekte beschäftigen sich mit Grundlagenforschung ebenso wie mit medizinischen Anwendungen oder der Entwicklung von Methoden und technischen Anwendungen. Sie erforschen Krebserkrankungen, Stoffwechselprozesse und Infektionserreger. Gefördert wird auch im Bereich der Bioinformatik und der Proteomforschung.

Das Programm fördert aber nicht nur die naturwissenschaftliche Forschung. Großer Wert wird auch auf die gesellschaftsrelevanten Auswirkungen der Forschungsentwicklungen gelegt. Daher werden auch ELSA-Projekte gefördert, die sich mit den ethischen, rechtlichen, sozialen und ökonomischen Aspekten der Genomforschung sowie mit den Auswirkungen der Genomforschung auf Politik und Gesellschaft auseinander setzen.

Tipp: In den nächsten Folgen dieser Serie werden wir Ihnen einzelne Forschungsprojekte von GEN-AU näher vorstellen. Wer jetzt schon mehr wissen will, umfangreiche Informationen bieten die Website www.gen-au.at und das Magazin Genosphären.


© MMA, Medical Tribune • 39. Jahrgang • Nr. 31-34/2007
Struktur der DNA
Das Verständnis der Struktur der DNA ist essenziell für alle genetischen Mechanismen und Prozesse. Wichtig ist etwa die Orientierung der DNA (Pfeile!).
„Genetik verstehen“

Das Buch zur Serie:

„Genetik verstehen“ heißt ein aktuelles Buch aus dem Fakultas-Verlag. Geschrieben haben es Univ.-Prof. Dr. Fritz Wrba und Univ.-Prof. Dr. Christine Mannhalter, beide Medizinische Universität Wien. Prof. Mannhalter hat die wissenschaftliche Beratung für diese erste Folge übernommen.

F. Wrba, H. Dolznig, C. Mannhalter: Genetik verstehen, Grundlagen der molekularen Biologie, Facultas, 2007, 208 Seiten, ISBN 9783850767620, 25,60 €

Österreichisches Genomforschungsprogramm GEN-AU