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Deutscher Rugby-Verband: Rugby zwischen den Kriegen
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Rugby zwischen den beiden Weltkriegen

Nachdem die Frankfurter bereits im zu Ende gehenden 19. Jahrhundert erste Spiele gegen englische Mannschaften (Blackheath und Old Alleynians) ausgetragen und bei Olympia 1900 ihre internationale Tauglichkeit unter Beweis gestellt hatten, wagten immer mehr deutsche Vereine Wettspiele mit Gästen aus dem Ausland. Zu Ostern 1901 spielte der DSV 1878 Hannover gegen eine schottische Mannschaft, 1908 gastierte der bis dahin achtfache französische Meister Stade Francais Paris in Heidelberg und unterlag dem SC Neuenheim 02 mit 0:4 und dem Heidelberger RK mit 3:11. 1921 knüpfte die RG Heidelberg dauerhafte Bande zum Studenten-Rugbyclub Delft (16:8), ehe 1924 ein 8:3-Sieg gegen die Manchester University gelang.

Seit 1871 – am 27. März spielten 20 Engländer gegen 20 Schotten – werden in Europa Länderspiele ausgetragen. Am 1. Januar 1906 gastierten erstmals die neuseeländischen All Blacks im Pariser Prinzenpark und besiegten Frankreich mit 38:8, und seit 1910 wurde das Fünf-Nationen-Turnier zwischen den drei britischen Mannschaften, Irland und Frankreich ausgespielt. Nach dem Ersten Weltkrieg war für die politisch isolierten Deutschen natürlich noch nicht daran zu denken, in den internationalen Spielverkehr einzutreten, doch nach dem wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen und gesellschaftlichen Aufschwung Deutschlands in den „goldenen zwanziger Jahren“, in denen Berlin zu einer Weltstadt wurde, knüpfte der DRV-Präsident Ottomar Baron von Reden-Pattensen (* 1888, † 1959, Ehrenvorsitzender des DSV von 1878 Hannover seit 1937) erste Verbindungen zu den benachbarten Rugby-Verbänden, die von seinem Nachfolger Hermann Meister (* 1890, † 1956, Gründer der Rugby-Abteilung der RG Heidelberg) ausgeweitet wurden.

Das erste Länderspiel der Deutschen

Am 13. und 27. März 1927 wurden zwei Auswahlspiele zur Aufstellung der deutschen Nationalmannschaft ausgetragen, die am 17. April 1927 vor 25.000 Zuschauern im Stade de Colombes in Paris mit einer 5:30-Niederlage gegen Frankreich ihren internationalen Einstand feierte. 15 Tage zuvor hatte Frankreich erstmals gegen England (3:0) gewonnen, die beiden französischen Mannschaften waren identisch und wurden von Kapitän André Béhoteguy aus Cognac angeführt, der die schicke Angewohnheit hatte, während des Spiels stets ein Béret zu tragen. Hier die Aufstellung der ersten deutschen Nationalmannschaft:
O. Leipprand (SC 1880 Frankfurt) – F. Leipert (Heidelberger RK), Senning (Schwalbe Hannover), Krumfuß (Victoria Linden), Botzong (HRK, Kapitän) – Dr. Zahn (RG Heidelberg), Pfersdorf (HRK) – Müller (Schwalbe), Nebel (FV 1897 Linden), Berg I (80) – Hartleib (VfR Döhren), Offenhauer (ASC Leipzig) – Meyer (Victoria), Lücke (SV Odin Hannover), H. Leipert (HRK).

Kurt Senning hatte den Versuch der Deutschen gelegt, Georg Hartleib den erfolgreichen Erhöhungstritt getreten. Nach der Rückkehr aus Paris notierte Hermann Meister in der Deutschen Rugby-Zeitung: „Unsere Spieler haben alles gegeben, müssen aber noch viel lernen.“

Die beiden Siege gegen Frankreich

Das ist ihnen erstaunlich rasch gelungen, denn bereits zwei Monate später – an jenem denkürdigen 15. Mai 1927 in Frankfurt/Main – gelang die Revanche. Gegen eine auf fünf Positionen neu besetzte französische Nationalmannschaft, die wieder von Baskenmützen-Fan Béhoteguy angeführt wurde, gewannen Hans Botzongs Mannen mit 17:16 Punkten, nachdem es beim Halbzeitpfiff des englischen Schiedsrichters Jackson noch 0:5 für Frankreich gestanden hatte. 12.000 Zuschauer bejubelten vier Versuche, eine Erhöhung und einen Straftritt der Deutschen, die in folgender Aufstellung spielten:
Sing (SC Neuenheim 02) – F. Leipert (HRK), Senning (Schwalbe), Krumfuß (Victoria), Botzong (HRK, Kapitän) – Volz (80), Pfersdorf (HRK) – Müller (Schwalbe), Berg I (80), Hartleib (VfR Döhren) - Offenhauer (ASC Leipzig), Böhler (80) – Lücke (Odin), Meyer (Victoria), H. Ammann (RG Heidelberg).
Vom Victorianer Adolf Meyer wird berichtet, dass er bei seinem Versuch fünf Franzosen ins Malfeld getragen haben soll.

Zuschauerrekord in Hannover: 14.000

Bevor Deutschland mit Spanien (1929, 24:15 in Barcelona), der Tschechoslowakei (1931, 38:0 in Leipzig), Holland (1933, 23:0 in Düsseldorf für Deutschland B), Italien (1936, 19:8 in Berlin), Rumänien (1936, 37:9 in Berlin) und Belgien (1937, 34:6 in Düsseldorf für Deutschland B) auf internationalem Parkett weitere Spielpartner und Freunde fand, bescherte das dritte Länderspiel gegen Frankreich am 18. März 1928 (3:14) dem Deutschen Rugby-Verband den besten Publikumszuspruch seiner Geschichte. 14.000 Zuschauer füllten die hannoversche Radrennbahn, und wenn man die Fotos von diesem Ereignis betrachtet, fällt auf: Hutmachern ging’s damals gut.

In Europa die Nummer 2

Die deutsche Nationalmannschaft etablierte sich in den dreißiger Jahren als Nummer 2 auf dem europäischen Kontinent und musste sich lediglich in den alljährlichen Länderspielen gegen Frankreich geschlagen geben. Nur einmal noch gelang einer DRV-Fünfzehn ein Triumph über den übermächtigen Nachbarn, und wieder war Frankfurt/Main Schauplatz jenes großartigen Spiels, das der athletische Schlussspieler Georg Isenberg durch einen frühen Straftritt zum 3:0-Sieg für seine Mannschaft entschied. Hier die Aufstellung der siegreichen deutschen Mannschaft:
Isenberg (Verein für Volkssport Hannover) – Reuter (SV Odin Hannover), Dünhaupt (DSV von 1878 Hannover), Bukowski (Schwalbe Hannover), Hübsch (Heidelberger RK) – Richter (Berliner SV 92), Dr. Loos (HRK, Kapitän) – Hohberg (78), Thiesies (Berliner SV 92), Gilbert (SC 1880 Frankfurt) – Koch (78), Döpke (VfV Hannover) – Schroers (Schwalbe), Wehrmann (FV 1897 Linden), Bönecke (DRC Hannover).

Aus dieser großen Mannschaft haben drei Spieler später in leitenden Funktionen den deutschen Rugbysport entscheidend geprägt: Willy Dünhaupt als langjähriger Sportwart des Niedersächsischen Rugby-Verbandes, Jonny Richter als Vorsitzender des Berliner Rugby-Verbandes und Erwin Thiesies als Trainer der Nationalmannschaft der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.

Wenigstens Meister distanzierte sich

In früheren Chroniken des deutschen Rugbysports hat die für unser Land so wenig ruhmreiche Zeit des „Dritten Reiches“ irgendwie nie stattgefunden. Statt dessen wurde wortreich über „olympische Ideale“ und ähnliches geschwafelt. Zeitzeugen, die aus eigenem Erleben und Erleiden über den Zusammenbruch des Staates und des Verbandes berichten könnten, sind aus genetischen Gründen heute leider rar. Fest steht, dass der Deutsche Rugby-Verband wie alle anderen Sportverbände 1933 gleichgeschaltet und als Fachschaft dem Deutschen Reichsbund für Leibesübungen, der Sportorganisation des Nazi-Regimes, unterstellt wurde. DRV-Präsident Hermann Meister, ein überzeugter Europäer und Freund der Franzosen, tat zwar alles in seiner Macht Stehende, um auch in der Zeit des Grauens ein anständiger Mensch zu bleiben und ein Beispiel für andere Freigeister im deutschen Rugby zu geben, doch ist nicht bekannt, dass nach der Zerschlagung der Landesverbände und deren Umwandlung in Gaue irgendein Rugby-Recke aktives Mitglied im deutschen Widerstand geworden wäre. Die Mitläufer waren auch im Rugby sicherlich in der Mehrzahl.

Ein ganzes Nationalteam fiel im Kriege

Durch die Überfälle der Deutschen auf Belgien, Holland, Frankreich, Polen und Russland und durch den mörderischen Zweiten Weltkrieg sind nicht nur unseren Nachbarn unvorstellbare Leiden zugefügt worden. Auch die Vereine und die Nationalmannschaft, deren Spielstärke am 11. Februar 1939 in Mailand beim letzten Vorkriegsländerspiel (12:3) auf einem nie mehr erreichten Höchststand war, mussten herbe Verluste an guten Spielern hinnehmen. Der DRV verlor eine ganze Nationalmannschaft: Helmut Bönecke (DRC Hannover), Fritz Döpke (VfV Hainholz), Heinrich Hanning (VfR Döhren), Hermann Heine (Odin Hannover), Karl Hübsch (Heidelberger RK), Leo Kempf (Odin Hannover), Fritz Kohlweiler (SC Neuenheim 02), Hans Leipert (Heidelberger RK), Hannes Mehlbauer (VfV Hainholz), Karl Oppermann (FV 1897 Linden), Johann Pfeil (SC Neuenheim 02), Kurt Poppe (Odin Hannover), Walter Sander (Odin Hannover), Willi Schültke (Odin Hannover), Otto Thiele (Odin Hannover) und Willy Thiele (FV 1897 Linden und Polizei SV Hannover) sind Nationalspieler, die auf der Höhe ihres sportlichen Leistungsvermögens, als ebenbürtige Spielpartner der Franzosen, Italiener, Spanier und Rumänien, an die Fronten des Krieges geschickt wurden und nie mehr zurück-gekehrt sind.